Der massive Rechtsruck in ganz Europa macht auch vor der Bundesrepublik keinen Halt. Das zunehmend nationalistische Klima wird weitere schwerwiegende Folgen für Flüchtende und Migrierende in Deutschland haben. Menschen werden bereits jetzt nach Afghanistan abgeschoben und auch Syrer*innen müssen (wie viele andere) um ihren Aufenthalt in Deutschland bangen. Menschen vieler anderer Herkünfte haben so oder so noch nie eine Chance auf einen legalen Aufenthalt gehabt. Deutschland schiebt »im großen Stil« ab und neo-faschistische Deportationsfantasien sind unter dem Begriff "Remigration" salonfähig geworden. Gleichzeitig werden die legalen Korridore, um Migrierende und Flüchtende zu unterstützen, systematisch verengt. Der Aufschwung der (neuen) Rechten scheint unaufhaltsam.
Umso wichtiger ist es jetzt, Verantwortung füreinander zu übernehmen. Lasst uns darum über Schutzehen sprechen! Was ist eine Schutzehe und wie funktioniert sie? Mit welchen Hürden und Hindernissen ist zu rechnen – wie sind sie zu überwinden? Los geht’s!
Bei einer Schutzehe entscheiden sich zwei Menschen dazu, manchmal ohne sich wirklich zu kennen und ohne "romantische Liebe" zu heiraten. Die eine Person hat einen deutschen Pass, die andere nicht. Es geht darum, den langfristigen Aufenthalt eines Menschen in Deutschland zu sichern und/oder ihn*sie sogar vor der Abschiebung zu schützen. Bei der Eheschließung wird kein Zwang ausgeübt. Die Entscheidung erfolgt auf beiden Seiten aus freien Stücken.
Man kann aus guten und nachvollziehbaren oder nicht so guten und wenig plausiblen Gründen heiraten. In die erste Kategorie gehören Hochzeiten, damit eine Ehegattin legal dauerhaft in Deutschland sein kann. Das wird positiv als Schutzehe, juristisch aber als Scheinehe bezeichnet.
Nach einer Heirat wird für gewöhnlich eine befristete Aufenthaltserlaubnis für die ausländische Person erteilt, die auch zur Erwerbstätigkeit berechtigt (§ 27 Abs. 1 AufenthG). Schutzehen bieten für viele Menschen eine der wenigen Möglichkeiten, dauerhaft und legal in Deutschland zu leben. Durch den besonderen rechtlichen Schutz von Ehe und Familie ist eine unmittelbar bevorstehende Heirat außerdem in der Regel auch ein Abschiebungshindernis (§ 60a Abs. 2 AufenthG). Auch der Familiennachzug von bspw. minderjährigen Kindern kann erleichtert werden.
Einige dieser Vorteile gelten auch für Ehen, die zwischen zwei Nicht-Deutschen auf einem deutschen Standesamt geschlossen werden. Ist eine der beteiligten Personen EU-Bürger*in, ergeben sich ähnliche Rechte/Ansprüche wie bei einer Ehe mit einem*r Deutschen. Aber auch Schutzehen, bei denen beide Eheleute aus dem außereuropäischen Ausland kommen, sind möglich. Dafür muss eine*r der Partner*innen aber bereits im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sein. Und in jedem Fall müssen mehr Anforderungen erfüllt werden als bei einer Ehe mit einem*r Deutschen.
Nach drei Jahren Ehe mit einem*r Deutschen, und wenn die nicht-deutsche Person ein geregeltes Einkommen und eine Wohnung hat, keine Sozialleistungen bezieht und einen Nachweis deutscher Sprachkenntnisse hat, kann ein unbefristeter Aufenthaltstitel (Niederlassungserlaubnis) beantragt werden (§ 9 AufenthG). Dieser Aufenthaltstitel ist nicht mehr an den*die Ehepartner*in gebunden und geht daher auch nicht durch eine Scheidung flöten. Der Aufenthaltstitel läuft nicht ab und ist auch an keinen speziellen Wohnort in Deutschland gebunden. Verlieren kann man ihn z.B. nur, wenn man über einen längeren Zeitraum das Land verlässt (§ 51 AufenthG).
Eine weitere Möglichkeit ist die Einbürgerung, durch die man die deutsche Staatsbürger*innenschaft erhält. Das ist etwas schwieriger. Bei einer Ehe mit einer*m Deutschen kann sie nach zwei Jahren Ehe und mindestens drei Jahren rechtmäßigem Aufenthalt in Deutschland beantragt werden. Für die Einbürgerung müssen derzeit neben den Anforderungen für die Niederlassungserlaubnis zusätzlich ein Deutsch-Sprachkurs auf Niveau B1 und ein Einbürgerungstest absolviert werden. Wer schwere Straftaten verübt hat, scheidet aus (§§ 8 bis 16 StAG).
Für Menschen mit deutschem Pass ist das Eingehen einer Schutzehe eine Möglichkeit, sich nicht nur gegen die Diskriminierung anderer einzusetzen, sondern ihr Privileg tatsächlich zu teilen – indem sie einem Menschen ohne EU-Pass zu einem unabhängigen und unbefristeten Aufenthaltstitel oder sogar zur Staatsbürger*innenschaft verhelfen. Menschen, die bisher keinen unbefristeten Aufenthaltstitel haben, werden es in den kommenden Jahren noch schwerer haben. Durch eine Ehe mit einer*m Deutschen können sie sich effektiv schützen. Gleichzeitig wird dadurch der Familiennachzug erleichtert. Das Privileg kann mit mehreren Menschen geteilt werden. Aber: Eine Schutzehe muss wohlüberlegt und gut vorbereitet werden!
Ob für standesrechtliche Vorteile, den Erwerb von Ländereien, die Fortführung des Stammbaumes, für das Erbe, steuer- und finanzrechtliche Interessen – seit Jahrhunderten gibt es zahlreiche akzeptierte Beweggründe zur Heirat. Und wer auch immer versuchte, Kontrolle über eine Gesellschaft auszuüben, konnte die Ehe dazu instrumentalisieren. Ob Königshäuser, die Kirche oder Nationalstaaten – sie alle nutzten über Jahrtausende ihre Macht über die Ehe, um eigene Interessen zu verfolgen. Offensichtlich ging es dabei nie nur um die Anliegen zweier Vermählter, sondern auch immer um Obrigkeit und Besitz, soziale Anerkennung oder die Bildung von Eliten. Alles dreht sich um die Frage, wer wen und mit welchen Folgen heiraten darf. Heiraten ist also Machtpolitik.
»Die Ehe und die Liebe haben nichts gemeinsam; sie sind so weit voneinander entfernt wie die Pole; sie sind in der Tat antagonistisch zueinander.«
Scheinehen bzw. Schutzehen, wie sie heute verstanden werden, nämlich im Bezug auf das Aufenthaltsrecht und Staatsbürger*innenschaft, wurden erst mit der Entstehung von Nationalstaaten ein Thema. Erst hier ergaben sich Vor- und Nachteile durch das Heimatrecht.ii Und erst auf dieser Grundlage wurde die Scheinehe als Straftat inklusive der dazugehörigen Tatverdächtigen konstruiert. In Deutschland wurde die Ehe erst im späten 18. Jahrhundert zu einer bürgerlichen Instanz. Und es dauert bis zum 19. Jahrhundert, bis die Eheschließung für die breite Bevölkerung in Betracht kam.
Schon im deutschen Kaiserreich gab es binationale Ehen, wenn auch nicht besonders häufig. Eheschließungen mit Ausländer*innen warfen neue personenstands- bzw. privatrechtliche Fragen auf, für die das deutsche Personenstandswesen etwa ab den 1880er-Jahren Mechanismen entwickelte. Im Großen und Ganzen haben diese Verfahren bis heute bei den Standesämtern Gültigkeit. Ein wichtiger Punkt dabei war das staatliche Monopol über die Ehe. Im Zuge seines sogenannten Kulturkampfes, der sich vor allem gegen die katholische Kirche richtete, erklärte der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck, dass nur noch Zivilehen, die in den reichsweit geschaffenen Standesämtern geschlossen wurden, gültig seien. Religiös geschlossene Ehen zählen seither im deutschen Zivilrecht nichts mehr.iii
Im Gegensatz zu heute herrschte Anfang des 20. Jahrhunderts in der deutschen Rechtsauffassung breite Akzeptanz für das ›formale Konsensprinzip‹: Die Ehe ist ein familienrechtlicher Vertrag, für dessen Eingehen die Zustimmung der Eheleute ausreichend ist. Es müssen keine Eheschließungsmotive erfüllt werden. Der Begriff Scheinehe (damals ›Simulationsehe‹) tauchte nur am Rande juristischer Literatur auf und bezog sich meist auf sogenannte Namensehen (um etwa in den Adel einzuheiraten).iv Scheinehen – egal ob für etwa ein Erbe oder für den Aufenthalt – wurden dementsprechend nicht sanktioniert.v
Im Großen und Ganzen ist davon auszugehen, dass es vor 1933 nur wenige "Simulationsehen" gab. Scheidungen waren in der Regel zeit- und kostenintensiv und die Vorteile einer Ehe begrenzt. Die Staatsangehörigkeit von Ehefrauen wurde von der Staatsangehörigkeit ihrer Männer vorgegeben. Nicht-deutsche Frauen, die einen deutschen Mann heirateten, erlangten automatisch die deutsche Staatsbürger*innenschaft. Die Einwanderung in das Land des Ehemanns war deutlich einfacher als umgekehrt. Sich im Heimatland der Ehefrau niederzulassen, war, wenn überhaupt möglich, schwierig.vi Wenn eine deutsche Frau aber einen ausländischen Mann heiratete, verlor sie ihre deutsche Staatsbürger*innenschaft. Weil aber nicht in allen anderen Ländern die Regelung galt, dass sie automatisch seine Staatsbürgerschaft übernehmen konnte, führten manche Heiraten dazu, dass Frauen staatenlos wurden.
Nichtsdestotrotz wurden damals Schutzehen nicht selten von russischen Frauen eingegangen. So kamen etwa Jüdinnen, die in Russland diskriminiert wurden, über eine Heirat nach Deutschland. Rosa Luxemburg wurde 1871 als Rózalia Luksenburg im polnischen Zamosc, das damals unter russischer Herrschaft stand, geboren. Um studieren zu können und um politisch aktiv zu sein, ging sie, so wie viele andere sozialistische Oppositionelle, 1889 nach Zürich. Bald schon wollte sie weiterziehen, um sich der damals bedeutenden Arbeiter*innenbewegung in Deutschland anzuschließen. Um der nicht unwahrscheinlichen Repression im Kaiserreich und Abschiebung wegen ihrer linken politischen Arbeit, ihrer jüdischen Konfession und der russischen Staatsangehörigkeit vorzubeugen, beschloss sie, eine Schutzehe mit einem Deutschen einzugehen.vii Sie erhielt Hilfe von ihren Vermieter*innen in Zürich, dem Ehepaar Karl und Olympia Lübeck. Die Lübecks selbst waren Deutsche und durch die bismarckschen Sozialistengesetze ins Schweizer Exil getrieben worden. Im April 1898 heiratete Luxemburg den Sohn ihrer Vermieter*innen, Gustav Lübeck. Mit der Eheschließung war sie deutsche Staatsbürgerin. Sie kannte Gustav kaum, er war ihr fremd und zudem unpolitisch. »Die Neuvermählten trennten sich nach der Zeremonie, und damit war die Ehe, abgesehen von der rechtsgültigen Urkunde, auch schon beendet.«viii Im Mai 1898 zog Luxemburg dann nach Berlin, wo sie bis zu ihrer Ermordung 1919 lebte, die Kommunistische Partei Deutschlands mitgründete und in der internationalen Arbeiter*innenbewegung kämpfte. Sie wurde dafür gegängelt, verurteilt und eingesperrt – aber abschieben konnte man sie nicht.
Auch russische Frauen aus aristokratischen Familien wählten diesen Weg. Diese Ehen waren meist keine Aufenthaltsehen im heutigen Sinne. Vielmehr versuchten die Frauen, sich der Vormundschaft ihrer Väter zu entziehen, um das zaristische Russland verlassen zu können. Viele von ihnen waren Nihilistinnen, die Autoritäten, Staat und Kirche ablehnten. Sie trugen maßgeblich zum Fortschritt in Kunst, Politik und Wissenschaft bei.ix Zu diesen Frauen zählt auch Sofia Kowalewskaja, der es in Russland verboten war zu studieren. Da ihr Vater ihr nicht erlaubte, im Ausland zu studieren, ging sie 1868 eine Schutzehe mit dem ebenfalls russischen Wladimir Kowalewski ein. So konnte sie unabhängig vom Vater reisen. Im Sommersemester 1869 begann sie ihr Studium in Heidelberg. 1884 wurde Kowalewskaja die weltweit erste Professorin für Mathematik. Daneben engagierte sie sich politisch für das Recht aller Frauen auf Bildung und Ausbildung.x
Später in der Weimarer Reichsverfassung von 1919 wurde die Ehe zwar als Keimzelle des deutschen Staats festgeschrieben, Simulationsehen oder Scheinehen fanden aber auch hier keine Erwähnung.
Das Kaiserreich war’s nicht. Die Weimarer Republik war’s nicht. Wo taucht denn die strafrechtlich verfolgte Scheinehe nun das erste Mal auf? Die juristische Festlegung des Tatbestands einer Scheinehe kommt ... na? Von wem wohl? ... den Nazis.xi Die nationalsozialistische Gesetzgebung regelte erstmals das Verbot von Scheinehen und ist bis heute die Grundlage für Eheannullierungen. Die Idee dafür gab ihnen der deutsche Adel.
Die 1874 gegründete Deutsche Adelsgenossenschaft (DAG) war die größte Vereinigung Adeliger in Deutschland. Schon in den frühen 1930er-Jahren sicherte die DAG den Faschisten ihre uneingeschränkte Unterstützung zu. Ihr gemeinsamer Feind war der verhasste bürgerliche Parteienstaat, der zum Machtverlust des Adels geführt hatte. Sie waren sowohl von der Furcht getrieben, der Pöbel könnte sich durch Adoption oder eine Namensehe einen Titel "erschleichen" als auch von tiefem Antisemitismus. Ihr erklärtes Ziel war der »Ausschluss der Juden und Juden-Mischlinge aus dem Deutschen Adel.«xii Mit dem Argument der Notwendigkeit von der ›rassischen Reinigung des Adels‹ dienten sie sich Adolf Hitler persönlich an. Im Juni 1933 wurde ihre Forderung nach der Nichtigkeit von Namensehen mit dem ›Gesetz gegen Mißbräuche bei der Eheschließung und der Annahme an Kindes statt‹ umgesetzt (§ 1325a BGB).xiii
Der Adel war den Nazis dabei relativ egal und sie hatten kein Interesse, ihnen Sonderrechte einzuräumen, aber es bot ihnen die Möglichkeit, ihre nationalsozialistische Rechtsideologie voranzutreiben. Das Verbot der Namensehe galt daher nicht nur für den Adel, sondern für alle. So konnte es für die faschistischen bevölkerungspolitischen Verbrechen genutzt werden. Das nationalsozialistische Regime schaffte damit das formale Konsensprinzip ab. Dadurch, dass nun die Motive zur Eheschließung bewertbar waren, wurde auch die Ehe selbst bewertbar. Es wurde v.a. darüber geurteilt, ob die Eheleute planten, eine ›eheliche Lebensgemeinschaft‹ einzugehen oder nicht. Da der Begriff der ›ehelichen Lebensgemeinschaft‹ unbestimmt war, konnte der Bezug aufs Eheverbot jederzeit ideologiegemäß angepasst und Kriterien beliebig festgelegt werden.xiv Wie wir später sehen werden, ist dies nach wie vor das staatliche Mittel der Wahl.
Trotzdem: Tausende Menschen konnten sich durch Schutzehen der Verfolgung durch die Nazis entziehen. Über das damalige Eherecht wurde automatisch der Familienname des Mannes auf die Frau übertragen. Durch Ehen konnten sich also jüdische Frauen mit nicht-jüdischen Männern vor Diskriminierung und Verfolgung schützen. Dieser Schutz war nicht vollumfänglich, aber besser als nichts. Um solche Schutzehen zu verhindern, wurden 1933 die Mitarbeitenden von Standesämtern in einem Runderlass dazu aufgefordert, »unverzüglich davon Mitteilung zu machen, wenn ihnen Tatsachen bekannt sind oder werden, die die Annahme gerechtfertigt erscheinen lassen, dass eine Ehe nach § 1325a BGB nichtig ist.«xv Vielen jüdisch/nicht-jüdischen Paaren wurde die Eheschließung fortan von Standesbeamten verweigert.
Da Homosexualität ein Straftatbestand (»widernatürliche Unzucht« laut § 175 StGB aus dem Kaiserreich, der bis 1994 in Deutschland galt) und gesellschaftlich geächtet war, gingen auch viele queere Menschen Schutzehen ein, um ihr Überleben zu sichern.xvi Oft taten sich zwei queere Menschen zusammen und der Schutz war wechselseitig. Die Homosexualität des Schauspielers Gustaf Gründgens (der als Vorlage für Hendrik Höfgen in Klaus Manns Mephisto diente) war bekannt. Weil er Anfeindungen befürchtete, heiratete er seine Schauspielkollegin Marianne Hoppe, die wiederum bisexuell war.xvii
Seit 1935 wurde "Rassenschande" durch das ›Blutschutzgesetz‹ (Teil der Nürnberger Gesetze) hart bestraft. "Mischehen" zwischen nicht-jüdischen und jüdischen Menschen konnten nun gar nicht mehr geschlossen werden. Bei Zuwiderhandlung drohten Zuchthausstrafe, öffentliche Hinrichtung oder das KZ. In der Folge kam es bis 1944 zu ca. 14.000 Ermittlungsverfahren und über 2.000 Verurteilungen.xviii Eine Regelung zu bereits bestehenden "Mischehen" gab es aber bislang nicht. Und da bestehende "Mischehen" nicht automatisch aufgelöst wurden, konnten Tausende Jüdinnen »das NS-Regime (...) dank des Schutzes des als "arisch" definierten Ehepartners überleben.«xix
Mit dem Ehegesetz von 1938 (§ 23 EheG) wurde die völkische und rassistische Ideologisierung des Eherechts vorangetrieben: Der ›Nichtigkeit der Namensehe‹ wurde die ›Nichtigkeit der Staatsangehörigkeitsehe hinzugefügt‹. In dem Gesetz stand nun zusätzlich, dass eine Ehe nichtig ist, wenn sie »ausschließlich oder vorwiegend zu dem Zweck geschlossen ist, der Frau (...) den Erwerb der Staatsangehörigkeit des Mannes zu ermöglichen, ohne dass die eheliche Lebensgemeinschaft begründet werden soll.« Sounds familiar?
Das Verbot der Staatsangehörigkeitsehe betraf Heiraten deutscher Jüdinnen mit nicht-jüdischen Deutschen nicht. Diese Ehen waren bereits durch das ›Blutschutzgesetz‹ verboten. Jüdinnen gingen Schutzehen v.a. im Exil ein. Denn Eheschließungen im Ausland, um fremde Staatsangehörigkeit zu erlangen, konnten die Nazis nicht verhindern. Eine Heirat war oft der einzige Weg in (langfristige) Sicherheit. Das galt auch für die zahllosen Menschen, die ausgebürgert und damit staatenlos wurden. Viele Länder reagierten auf die Fluchtbewegung aus Nazi-Deutschland mit migrationsfeindlichen Maßnahmen wie Visazwang, Bürgschaftserklärungen, Arbeitsverboten und Obergrenzen (jap, sounds familiar again). Der Aufenthalt im Exil war unsicher und ständig schwang die Bedrohung mit, keine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu erhalten und an die deutsche Grenze zurückgebracht zu werden. Die schweizer ›Das Boot ist voll‹-Mentalität hat Schätzungen zufolge 10.000 Menschen in den Tod geführt. Auch die Sorge vor einer Invasion der Deutschen trieb viele dazu, noch im Exil eine Schutzehe einzugehen. Es waren v.a. Ehen mit Schweizern, Briten und Schweden, die eingegangen wurden, um den prekären Aufenthalt abzusichern.xx
Unzählige österreichische Jüdinnen und Juden versuchten nach dem "Anschluss" Österreichs Visa zu erlangen, um das Land verlassen zu können. Doch die Ausreise war schwierig. Als Ehefrauen von Ausländern standen ihre Chancen besser, da sie deren Staatsbürger*innenschaft übernehmen konnten. Seit 1938 galten die ›Nürnberger Gesetze‹ auch in der Ostmark und Ehen zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Menschen wurden hier nun ebenfalls verboten. Gleichzeitig wurde auch hier die Ehe säkularisiert und entprivatisiert. Die Nazis ließen nur noch Ehen gelten, die vor ihren Standesämtern getroffen wurden.xxi Eheschließungen aus religiösen Gemeinschaften galten nicht mehr. In den fünfeinhalb Monaten zwischen der Ankündigung und des Inkrafttretens des neuen Gesetzes wurden in den jüdischen Tempeln Wiens mehr Ehen geschlossen als sonst im ganzen Jahr. Allein am letzten möglichen Tag, dem 31. Juli 1938, waren es über hundert Eheschließungen. Vielen Frauen gelang darüber die Flucht. So etwa auch der Wienerin, Jüdin und Rechtswissenschaftlerin Helene Lieser, der ersten Frau, die am staatswissenschaftlichen Institut in Wien promovierte. Durch eine Schutzehe mit einem ihr fast unbekannten Jugoslawen erhielt sie den Namen Berger. Dadurch konnte sie einen Teil ihres Vermögens retten und nach Zahlung der Reichsfluchtsteuer in die Schweiz ausreisen.xxii Dort war Lieser sowohl für den sowjetischen sowie den britischen Geheimdienst tätig und unterstützte andere von den Nationalsozialisten verfolgte Menschen.
Es gelangen bei Weitem nicht alle Versuche, eine Schutzehe einzugehen. Dafür sorgten die Schergen des Nazi-Regimes. Die Berliner Jüdin Marie Jalowicz (heute bekannt als Marie Simon, Philosophiehistorikerin und Zeugin der nationalsozialistischen Verbrechen) wurde 1940 zur Zwangsarbeit bei Siemens verpflichtet. Wegen ihres Widerstands, Sabotageakten und des Widersetzens der Vorladung sollte sie 1942 von der Gestapo abgeholt werden. Sie entschied sich unterzutauchen. Durch eine Schutzehe wollte sie sich wieder legalisieren, um auswandern zu können. Ihr chinesischer Nachbar Schu Ka Ling erklärte sich bereit, sie zu heiraten. Doch die Eheschließung wurde trotz Vorlage der nötigen (gefälschten) Papiere durch eine Verzögerungstaktik des Standesamtes verhindert. Wie etwa 1.500 weitere jüdische Menschen überlebte Marie Jalowicz die Schoa im Berliner Untergrund.xxiii
Und auch eine gelungene Schutzehe bedeutete nicht nur Schutz, sondern auch Abhängigkeit. Es lässt sich nur erahnen, wie viele Scheinehefrauen Opfer sexueller Gewalt wurden und zu einem gemeinsamen Zusammenleben gezwungen waren. Andere wurden von ihren Ehemännern erpresst. Die Angst vor Denunziation war auch in vielen Exilländern ein erhebliches Druckmittel, da auch dort das Eingehen einer Scheinehe illegalisiert war und eine Ausweisung drohte.xxiv Doch trotz Abhängigkeit vom Ehemann und Angst vor dem Auffliegen sind die Beweggründe der Frauen, eine Schutzehe einzugehen, offensichtlich. Die Risiken waren ihnen bewusst. Doch die Hoffnung, damit ihr eigenes Leben retten zu können und auch ihre Familien ins Exil nachholen zu können, überwog.xxv
Aus welchen Motiven gingen die Männer aber solche Ehen ein? Manche heirateten gegen Bezahlung. In Ägypten zahlte die jüdische Gemeinde eine Prämie an einheimische Männer, die eine Ehe mit einer immigrierten Jüdin eingingen.xxvi Mitgefühl und familiäre Verbundenheit waren ein Grund für andere. Oft wurde ein Cousin oder ein anderer, nicht allzu fremder Verwandter geheiratet. Die familiäre Verbindung versprach Sicherheit, dass die Schutzehe aufrecht gehalten und die Abhängigkeit der Frau nicht ausgenutzt wurde.
Schutzehen wurden häufig innerhalb von politischen Netzwerken geschlossen. Der Internationale Sozialistische Kampfbund (ISK), eine sozialdemokratische, widerständige Splittergruppe, arrangierte Schutzehen zwischen weiblichen Mitgliedern und britischen Genossen.xxvii Viele der Frauen waren bei der Heirat bereits im britischen Exil und dort weiterhin antifaschistisch aktiv. Beispiele dieser Heiraten sind die Ehe zwischen der Jüdin Susanne Strasser, die sich seit 1938 im Exil in London befand, mit dem Labour-Genossen Horace Miller. Susanne Miller kehrte 1946 wieder nach Deutschland zurück. Dort arbeitete sie ab 1948 im zentralen Frauenausschuss der SPD.xxviii Auch die ISK-Mitglieder und Exilantinnen Grete Hermann, Maria Saran und Liesel Mayer gingen Schutzehen mit britischen Mitkämpfern ein.
Auch viele Intellektuelle und Künstler*innen verstanden Schutzehen als einen Akt des Widerstands und der Solidarität. Im Zirkel von Erika und Klaus Mann und der legendären antifaschistischen Kabarettgruppe ›Die Pfeffermühle‹ (1933 in München gegründet und im selben Jahr nach Zürich als Exilkabarett umgesiedelt) häuften sich Ehen zwischen weiblichen Ensemblemitgliedern und britischen homosexuellen Männern.xxix Damit war beiden Partner*innen geholfen, da die Männer ihre sexuelle Orientierung verbergen und damit der Strafverfolgung entgehen konnten.
Als Erika Mann 1935 die deutsche Staatsbürger*innenschaft entzogen werden sollte, heiratete sie den ihr unbekannten britischen homosexuellen Lyriker Wystan Hugh Auden und ging ins englische Exil. Erikas Schutzehemann Auden arrangierte 1936 wiederum die Ehe zwischen Therese Giehse und John Hampson-Simpson. Giehse war Jüdin, Schauspielerin, homosexuell und öffentlich als Nazi-Gegnerin aufgetreten. Sie war Mitbegründerin der Pfeffermühle und die erste Darstellerin der ›Mutter Courage‹. 1933 floh sie in die Schweiz, wo sie nun aber nicht mehr sicher war, da Flüchtende mittlerweile ausgewiesen wurden. Durch die Heirat mit dem homosexuellen Schriftsteller Hampson-Simpson erhielt sie die britische Staatsangehörigkeit. Auch Sybille von Schoenebeck war eine Freundin der Geschwister Mann. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft, ihrer Homosexualität und ihrer Arbeit als Schriftstellerin wurde sie 1934 von den Nazis enteignet. 1935 arrangierte der gemeinsame Freund Aldous Huxley (ja, der Huxley) eine Schutzehe mit Walter Bedford. Auch er ein homosexueller Brite. Mit der neugewonnenen Staatsbürger*innenschaft konnte Sybille Bedford der Internierung in Frankreich entgehen. Vor der deutschen Invasion gelang ihr 1940 die Flucht in die USA.xxx
Mit deutlich weniger Ruhm hat sich hingegen Heinz Rühmann bekleckert, der seit 1924 mit der jüdischen Maria Berheim verheiratet war. Aufgrund der Nürnberger Gesetze und der allgemeinen Stimmung im Land sorgte sich Rühmann um seine Karriere. Dass er noch immer mit einer Jüdin verheiratet war, kam bei den Faschisten nicht gut an. Theatervorstellungen und Filmprojekte wurden verhindert oder drohten zu platzen. Als er persönlichen Rat bei Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels suchte, sagte der ihm: »Machen Sie sich mit dem Gedanken vertraut, dass es über kurz oder lang zu einer Trennung kommen muss.« Rühmann rückversicherte sich bei Reichsminister Hermann Göring (Begründer der ›Reichszentrale für jüdische Auswanderung‹), der ihn wissen ließ: »Mein Lieber, für Ihre Frau ist es am besten, wenn sie einen neutralen Ausländer heiratet – bringen Sie ihr das bei! So was lässt sich doch leicht arrangieren. (...) Meinen Segen jedenfalls haben Sie.« Rühmann entschied sich dagegen, seine Frau selbst zu schützen und kam den Vorschlägen der Nazi-Elite nach. 1938 ließ er sich von Bernheim scheiden, die daraufhin eine Schutzehe mit einem schwedischen Schauspieler einging und emigrierte. Rühmann indessen machte weiter Nazi-Film-Karriere.xxxi
Es ist unmöglich zu sagen, wie viele Schutzehen zu Zeiten des NS geschlossen wurden und wie viele mutige Frauen sich mit der strategischen Heirat ihr Leben sicherten. Vorausgegangene Kriminalisierung und gesellschaftliche Zwänge machten auch nach Ende des Kriegs kein beliebtes Thema daraus, über das man offen sprach. Auch wenn uns diese Schutzehen heute als legitimer Weg in die Sicherheit erscheinen, war ihre Umsetzung meist mit weiteren Straftaten verbunden. Oft mussten Visa erkauft, Dokumente gefälscht und für falsche Identitäten und Fluchthelfer*innen viel Geld bezahlt werden. Und nicht allen Frauen sicherte eine Schutzehe ihr Überleben. In besetzten Gebieten wie den Niederlanden oder Frankreich waren sie dem NS-Regime wieder ausgeliefert. Alma Rosé, die Nichte von Gustav Mahler, wurde trotz ihrer Schutzehe mit dem Niederländer Constant August van Leeuwen Boomkamp 1943 deportiert. Sie war Leiterin des "Mädchenorchesters" im KZ Auschwitz-Birkenau, wo sie 1944 starb.xxxii
1946 erließ der Alliierte Kontrollrat ein Ehegesetz, in dem die "rassisch hygienischen" Vorschriften der Nazis in der deutschen Gesetzgebung aufgehoben wurden. Nur der Nichtigkeitsgrund der Namensehe blieb als § 19 EheG erhalten. Der Tatbestand der Staatsangehörigkeitsehe wurde gestrichen.xxxiii Doch der tendenzielle Vorwurf der Scheinehe blieb für binationale Paare bestehen. In der BRD wurden Ehen mit »Orientalen, Andersgläubigen und Fremdstaatigen« bei den Standesämtern besonders misstrauisch beäugt.xxxiv Diese Ablehnung traf v.a. Ehen von deutschen Frauen mit ausländischen Männern. In der deutschen Rechtsprechung zwischen 1946 und 1976 ist zwar kein einziger Fall bekannt, in dem eine Ehe wegen Nichtigkeitsgrund Namensehe aufgehoben wurde. Nichtsdestotrotz blieb durch § 19 EheG das formale Konsensprinzip eingeschränkt und der Staat behielt die Definitionsmacht über "echte" und "falsche" Ehen. Und da sich bei jeder Ehe zu dieser Zeit der Name des Mannes auf die Frau übertrug, konnte bei jeder Eheschließung der Verdacht auf Scheinehe geäußert werden.xxxv
1953 wurde in der Bundesrepublik (1954 in der DDR) Frauen das Recht zugesprochen, ihre Staatsbürgerinnenschaft bei einer Heirat beizubehalten. In der BRD war es gleichzeitig bis 1969 für ausländische Frauen möglich, bei einer Eheschließung, die vor einem deutschen Standesamt geschlossen wurde, direkt die deutsche Staatsbürgerinnenschaft zu erwerben (bis 1953 geschah das automatisch, ab 1957 auf Wunsch der Frau). Für einen ausländischen Mann, der eine deutsche Frau heiratete, galt dies nicht. Seit der Einbürgerungsrichtlinie von 1958 mussten sich bis auf die einheiratenden ausländischen Frauen alle anderen Bewerber*innen auf die deutsche Staatsbürgerschaft als »kulturell« geeignet zeigen. Was das wiederum bedeuten sollte, wurde nach völlig willkürlichen Parametern bemessen und entschieden. 1965 wurde das erste Ausländergesetz der BRD verabschiedet. Kommunale Ausländerämter entschieden fortan, wer bleiben, wer Familie nachholen durfte und wer nicht. Gleichzeitig wurde es Ausländer*innen verboten, sich politisch zu betätigen.xxxvi Eine brenzlige Situation gerade für die arbeitende Klasse. Denn bei Zuwiderhandlung, wie etwa durch eine Beteiligung an einem Streik, drohte die Ausweisung.
Durch das Ende der Möglichkeit des Zuzugs durch Beschäftigung, den "Gastarbeiter-Stopp", und fluchtauslösende Veränderungen in Europa, wurde in den 1970er-Jahren die Idee einer Schutzehe für viele Menschen wieder attraktiv. Da es v.a. männliche "Gastarbeiter" und Kriegsgeflüchtete waren, die nun um ihren Aufenthalt bangen mussten, ging es dabei zunächst hauptsächlich um Ehen zwischen deutschen Frauen und ausländischen Männern.xxxvii Ab 1970 konnten zwar auch Frauen nicht mehr die deutsche Staatsbürgerinnenschaft direkt durch eine Heirat erlangen. Aber aus einer Ehe ergaben sich trotzdem (aufenthalts-)rechtliche, politische und ökonomische Vorteile – sowohl für Frauen als auch für Männer. In einer Grundsatzentscheidung im Jahr 1973 erklärte das Bundesverfassungsgericht, dass der Schutz von Ehe und Familie auch auf binationale Paare anzuwenden sei.1 Das bedeutete, dass sich aus der Ehe das Aufenthaltsrecht und der Familiennachzug ableiten ließen.xxxviii Eine (Schutz-)Ehe war also ein Weg aus der Unsicherheit.
1976 wurde mit Inkrafttreten des 1. EheRG (Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts) der Ehenichtigkeitsgrund der Namensehe schließlich aufgehoben. Damit galt wieder das formale Konsensprinzip und es gab im bundesdeutschen Ehegesetz kein ausdrückliches Verbot von Scheinehen mehr. Dadurch waren die betreffenden Ehen weder nichtig noch aufhebbar. Theoretisch.
Rostock, Hoyerswerda, Solingen, Mölln. Die neuentflammte Migrationsfeindlichkeit in Deutschland machte auch vor den Standesämtern keinen Halt. In den 1980er und 90er-Jahren sahen sich immer mehr Beamt*innen dazu berufen, vermeintliche Scheinehen zu unterbinden. Dafür verweigerten sie schlicht die Durchführung der Eheschließung. Die Zivilgerichte stellten sich nicht gegen die Standesämter, obwohl dieser Praxis die rechtliche Grundlage (mangels Gesetzen gegen Scheinehe) fehlte.xxxix Mit der fadenscheinigen Begründung von ›Rechtsmissbrauch‹ entwickelte sich ein ungeschriebenes Verbot der Aufenthaltsehe.2 Da es keine Nichtigkeitsgründe für die Ehe mehr gab, beriefen sich die Gerichte hierbei schlicht auf den angeblich fehlenden Willen zu einer "echten" Lebensgemeinschaft. Damit kreierten sie eine Eheschließungsvoraussetzung, die nicht gesetzlich vorgegeben war. Durch die Hintertür war die Ehe jetzt wieder zweckgebunden und das formale Konsensprinzip ausgehöhlt. Diese Beurteilung der Ehe bedeutete eine bedenkliche Kompetenzerweiterung für Standesbeamt*innen und Zivilgerichte. Die Verweigerung der Eheschließungen war nichts als eine einwanderungspolitisch motivierte Abwehrhaltung.
Die Maßnahmen zur Verhinderung von Schutzehen wurden in der BRD immer wieder angepasst und verschärft. Mit einer großen Ausnahme: Scheinehen für Menschen, die aus der DDR "rausheiraten" wollten, waren aufseiten der BRD ausdrücklich erwünscht. Alle Bürger*innen der DDR erhielten im Westen, sofern sie das wollten, die sofortige Anerkennung als Staatsbürger*in sowie finanzielle und instrumentelle Hilfen. Die Ehe mit einem*r Westdeutschen war ein relativ sicherer Weg der Ausreise.
Aber wie hielt es die DDR mit Schutz- und Scheinehen? Generell wurde in der DDR öfter und früher geheiratet als in Westdeutschland. Das lag wahrscheinlich weniger an den offeneren Herzen der Ostdeutschen als an den materiellen Vorzügen einer Ehe. Den Paaren standen eine gemeinsame Wohnung und ein zinsloser Ehekredit von 7.000 Mark zu. Weitere Gründe für Scheinehen waren die Sicherung der Privatsphäre und die Legitimation von Kindern.xl Auch zu Scheidungen kam es in der DDR öfter. Sie waren deutlich leichter durchzuführen als im Westen. Nach der Wende fielen diese Vorteile weg und die Heiratswilligkeit der Ostdeutschen nahm schlagartig ab.xli Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ...
In der ostdeutschen ›Verordnung über Eheschließung und Eheauflösung‹ (EheVO 1955) fanden unter den Nichtigkeitsgründen von Ehen weder Staatsangehörigkeits- noch Namensehen Erwähnung. Dennoch waren Ehevorhaben mit Ausländer*innen einer »straffen Kontrolle zu unterziehen«.xlii Grundsätzlich kamen binationale Ehen deutlich seltener vor als in der BRD. Seit 1965 waren Ehen zwischen DDR-Bürger*innen und Bürger*innen anderer Staaten laut Familiengesetzbuch möglich. Allerdings galt ein Erlaubnisvorbehalt: Die Eheleute brauchten für eine binationale Heirat eine Genehmigung.xliii
Ehen mit Partner*innen aus dem ›nicht-sozialistischen Ausland‹ waren überhaupt nicht gern gesehen. Zum »Schutz der sozialistischen Ordnung« wurden solche Ehen »nur in begrenzten und begründeten Ausnahmefällen genehmigt«.xliv Aber auch Ehen mit Personen anderer Nationalitäten oder mit Schwarzen und muslimischen Menschen waren der SED ein Dorn im Auge.
Viele Vertragsarbeiter*innen erhofften sich in der DDR ein besseres Leben als in ihren Heimatländern. Für Ehen mit DDR-Bürger*innen bedurfte es aber einer Genehmigung von beiden Bruderstaaten. Beziehungen mit Menschen aus bspw. Mosambik, Kuba und Vietnam wurden darauf überprüft, ob sie ein »echtes und dauerhaftes Verhältnis« seien. Auch die anderen sozialistischen Staaten hatten Interesse daran, diese Ehen zu boykottieren. Ihre Bürger*innen sollten wieder zurückkehren, v.a. wenn sie in der DDR eine Ausbildung oder ein Studium absolviert hatten. Vietnam forderte im Falle einer vietnamesisch-ostdeutschen Heirat die Rückzahlung der Ausbildungskosten von ihren Staatsbürger*innen – das konnten horrende Summen von 5.000 bis 22.000 Mark sein. Als ein DDR-Bürger sich bei den zuständigen DDR-Behörden über die Ablehnung seines Antrags auf Eheschließung mit einer Vietnamesin beschwerte, wurde ihm mitgeteilt, dass es die »internationalistische Pflicht« der DDR sei, die Rückkehr des ausgebildeten Kaders nach Vietnam im Sinne des Wiederaufbaus zu unterstützen. Im Gros herrschte eine »rigorose Ablehnungspolitik solcher Eheanträge«.xlv
Andersherum nutzen viele Bürger*innen der DDR Schutzehen, um in den Westen "rauszuheiraten". Falls eine Heiratsgenehmigung erteilt wurde, konnte nach der Heirat ein Antrag zur ständigen Ausreise aus der DDR zwecks Familienzusammenführung gestellt werden.xlvi Die ständige Ausreise über die Heirat brachte viele Vorteile. "Republikflucht" galt seit Mitte der 1950er Jahre als Verrat und stand seit 1957 unter Strafe.xlvii Besonders nach dem Bau der Mauer wurde die Flucht extrem schwer, gefährlich und konnte mit langen Gefängnisstrafen oder im Tod enden (wie die mind. 140 Mauertoten bezeugen). Josefine von Krepl, die noch 1989 die DDR über eine Schutzehe verließ, sagte: »Für mich kam Flucht nicht infrage.« Denn bei einem misslungenen Fluchtversuch wäre sie von ihren Kindern getrennt worden.xlviii Selbst eine genehmigte ständige Ausreise ohne Familienzusammenführung endete meist mit der Ausbürgerung und einem mindestens fünfjährigen Einreiseverbot. Über den Weg der Heirat konnten die Betroffenen ihre DDR-Staatsbürger*innenschaft behalten und somit jederzeit wieder einreisen. Freund*innen und Familie mussten also nicht auf ewig zurückgelassen werden.xlix
1975 unterzeichnete die DDR das ›Helsinki-Abkommen‹, mit dem u.a. Kontakte über die Blockgrenzen hinweg erleichtert werden sollten. Dazu wurden Eheschließung zwischen Bürger*innen verschiedener Staaten und das Zusammenleben mit dem*r Ehepartner*in als Menschenrecht festgeschrieben. Da die DDR 1973 wiederum UN-Mitglied wurde und sich dadurch zur Einhaltung der allgemeinen Menschenrechte verpflichtet hatte, beriefen sich plötzlich viele DDR-Bürger*innen auf dieses Recht.l Mitte der 1980er-Jahre trat zusätzlich eine Verordnung in Kraft, die eine ›Genehmigung für die Wohnsitzänderung nach dem Ausland für die Zusammenführung von Ehegatten‹ theoretisch erlaubte.li Spätestens jetzt war weitläufig bekannt, dass man durch eine Schutzehe die DDR verlassen konnte. Besonders Eheschließungen mit westdeutschen Partner*innen stiegen rasant an.
Dass die Hochzeit in Ostdeutschland stattfand, machte die DDR zur Bedingung für eine spätere etwaige Ausreise. Ausreisen von Verlobten wurden nur stillschweigend und in Einzelfällen genehmigt, oft nur unter Druck der BRD.lii Es bestand ein massives Stadt-Land-Gefälle bei den Anträgen auf binationale Eheschließungen. Ehe-Kandidat*innen wurden hauptsächlich über Ost- und Westberliner Kontakte gefunden. So manche Heiratsgenehmigung wurde beantragt, ohne dass sich die Zukünftigen je getroffen hatten. Die Transit- und Besuchsmöglichkeit erlaubte es Westberliner*innen, ohne lange Kontrollen und ohne Angabe besonderer Gründe nach Ost-Berlin und in die DDR einzureisen. DDR-Bürger*innen ihrerseits fuhren in den Ferien nach Prag oder ans Schwarze Meer, um dort heiratswillige Westdeutsche zu treffen. Wer würde Lena Blaudez, die die DDR über eine Schutzehe verließ, widersprechen wollen, wenn sie die Schutzehe als »eine völlig akzeptable Möglichkeit« erachtet? An der Täuschung der Behörden fand sie auch im Nachhinein nichts Falsches. »Diese Gesetze gelten nicht für mich; meine menschlichen Gesetze sind anders. So sehe ich das nach wie vor.«liii
Für die Eheerlaubnis mussten Nachweise über ein »längeres Kennenlernen« und ein »echtes Verhältnis« erbracht werden. Oft wurden Ehen nur genehmigt, wenn sie den Staats- und Parteiinteressen dienten (z.B. um "Querulant*innen" loszuwerden).liv Spätestens seit den frühen 1970er-Jahren griff die Staatssicherheit ein, um die Beziehungen mit »erzieherischen Maßnahmen« zu torpedieren und mutmaßliche Übersiedlungsversuche in die BRD zu verhindern. Einreisesperren für die ausländische Person wurden verhängt, die zukünftigen Schwiegereltern kontaktiert und fingierte Briefe an die DDR-Partner*innen geschickt, um den*die Verlobte*n in Verruf zu bringen.lv Um Gesuche ablehnen zu können, reichten banale Verdachtsmomente als Begründung. Oft wurde der ebenso schlichte wie willkürliche Hinweis beigefügt, dass es sich nicht um ein »echtes und dauerhaftes Verhältnis« handele.lvi
Wegen der ausgiebigen Bespitzelung mussten die Paare sich bei ihrer "Liebesbeziehung" besonders ins Zeug legen. Akribisch detaillierte Geschichten wurden erfunden, Treffen, Briefwechsel und Telefonate der Paare organisiert. Gleichzeitig nutzen sie die Dokumentationswut der Stasi – ihre Geschichte wurde von den Beamt*innen selbst festgehalten. Die DDR-Bürgerin Veronika Schulz, die 1988 eine Schutzehe einging, berichtete von langen Schlangen an den Telefonzellen auf dem Prenzlauer Berg: »Weil es mehrere Leute waren, die das so machten. In der Hoffnung, sie hören schön mit und schreiben schön mit und sammeln schön mit.« Rückblickend sagte Schulz: »Skrupel hatte ich bei dieser Ehekiste nicht. Wenn hier jemand Skrupel haben müsste, dann dieser blöde Staat.«lvii
Vergangene Schutzehen, egal ob im NS oder in der DDR, werden als Akt von Zivilcourage und moralischer Integrität betrachtet. Die Schnüffler-Methoden und das staatliche Eindringen ins tiefste Privatleben erscheinen übergriffig und widerlich. Aber ist der Unterschied zu heute wirklich so groß? Die Einmischung des Staates in die Ehe, der Generalverdacht gegenüber binationalen Paaren, die Überprüfungen der Paare, Hausbesuche und Befragungen (auch Dritter). All das sind Methoden, die der deutsche Staat auch heute in Betracht zieht, wenn es um binationale Ehen geht. Dabei gibt es nach wie vor gute Gründe, um eine Schutzehe einzugehen.
Der politische Grundsatz der "Migrationsbekämpfung" ist in Deutschland spätestens seit den 1980ern zentral.lviii Migration gilt als Sicherheitsproblem und nicht als willkommener Teil von Einwanderungspolitik. Infolge der restriktiven Migrationspolitik der letzten Jahrzehnte ist die Ehe für viele binationale Paare die einzige Möglichkeit, ihre Beziehung zu führen und am gleichen Ort zu sein bzw. zu bleiben. Andere haben mit Liebe nichts am Hut und möchten trotzdem heiraten. Die Ehe bietet nicht-deutschen Menschen Schutz. In einer Zeit, in der die Nazis immer mehr Posten in Räten und Parlamenten übernehmen und unverhohlen von faschistischen Deportationsplänen geträumt wird, ist dieser Schutz auch bitternötig.
Die Europäische Menschenrechtskonvention legt mit Artikel 12 nicht nur das Recht auf Eheschließung fest, sondern in Artikel 8 gleich noch das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Auch im deutschen Grundgesetz ist der besondere Schutz der Ehe festgeschrieben. Jede Person hat das Recht, sich frei zu entscheiden, ob und wen sie ehelichen möchte. Auch Menschen, die nicht die deutsche Staatsbürger*innenschaft besitzen, dürfen hier heiraten. Die Heiratswilligen müssen volljährig sein (Ausnahmeanträge beim Familiengericht sind möglich) und dürfen nicht allzu eng miteinander verwandt sein (Verwandte 1. oder 2. Grades scheiden aus). Keine*r der beiden darf sich zum Zeitpunkt der Eheschließung in einer anderen Ehe befinden, weder in Deutschland noch im Ausland. Sind all diese Punkte erfüllt, dürfte der Heirat eigentlich nichts im Wege stehen. Und dann?
Durch eine Heirat geht man die ›eheliche Lebensgemeinschaft‹ ein und trägt automatisch besondere rechtliche Verantwortung und Verpflichtungen füreinander. Durch das Eherecht werden die Bereiche Familienunterhalt und eheliches Güterrecht geregelt. Das Bundesministerium für Justiz fügt hinzu, dass die Eheleute gegenseitige »Treue, Achtung, Rücksicht und Beistand in allen Lebenslagen« voneinander verlangen können. Dies ist jedoch rechtlich (außer einer etwaigen Unterhaltspflicht) nicht durchsetzbar. Sie können auch einen gemeinsamen Wohnsitz haben, müssen es aber nicht. Die genaue Ausgestaltung der Ehe – bzw. der besagten ›ehelichen Lebensgemeinschaft‹ – geht den Staat nichts an, sondern ist »allein Sache der Eheleute«.lix Das ist auch richtig so, denn der Staat hat nicht unser Privatleben durchzudeklinieren. Ebenso verhält es sich mit den Gründen, die Menschen erst zur Heirat bewegen. Es ist nicht von Belang, ob aus Tradition oder Liebe, aus finanziellem Interesse oder im Zuge der Familienplanung geheiratet wird, ob die Beteiligten es tiefgründig finden oder schlicht Bock auf eine große Party mit Geschenken und peinlichen Reden haben. Niemand unterstellt deutsch-deutschen Ehepaaren Arglist und Täuschung, selbst wenn schon vor der Heirat klar ist, dass sie sich im Zweifel wieder scheiden lassen werden (in Deutschland kommt auf jede dritte Eheschließung eine Scheidung). Diese Rechte gelten aber nicht für alle. Denn wenn eine Person im Zuge der Eheschließung einen Aufenthaltstitel beantragt, dann interessieren sich die Behörden auf einmal doch für die Ehemotive und die Beziehungsgestaltung.
Seit 1976 (Abschaffung des Verbots der Namensehe) gibt es kein ausdrückliches Verbot von Scheinehen mehr. Aber seit Inkrafttreten des Eheschließungsreformgesetzes im Jahr 1998 sind Standesbeamt*innen dazu angehalten, ihre Mitwirkung an der Eheschließung zu verweigern, wenn offenkundig ist, dass die Ehe aufhebbar wäre.lx Dabei kann es bspw. um Unzurechnungsfähigkeit oder Zwang bei der Eheschließung gehen. Das Gesetz kann aber auch als Vorwand genutzt werden, um Ehen zu verhindern, die dem Staat lästig sind – wie etwa Ehen, die einem Menschen den Aufenthalt sichern. Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften stellte bei der Verabschiedung des Gesetzes fest: »Die Unerwünschtheit binationaler Ehen wird ins Vorfeld verlagert: Da es, bei allen Kontrollen und Sanktionen, schwierig bleibt, dem ausländischen Ehepartner den Aufenthalt auf Dauer zu verweigern, soll es erst gar nicht zu Eheschließungen kommen.«lxi
Binationalen Paaren wird unterstellt, dass sie nicht vorhätten, eine ›eheliche Lebensgemeinschaft‹ einzugehen – womit ihre Ehe aufhebbar wäre. Die Beweislast, dass es sich um eine "richtige" Beziehung handelt, liegt bei den Eheleuten. Hier zeigt sich, dass das deutsche Eherecht ein Zweiklassenrecht ist. Während für deutsch-deutsche Paare die eheliche Lebensgemeinschaft die automatische, unhinterfragte Rechtsfolge der Heirat ist, ist sie für andere die Voraussetzung für die Gültigkeit ihrer Ehe.lxii
Wird im Zuge der Eheschließung ein Aufenthaltstitel beantragt, kommt neben dem Standesamt auch noch die Ausländerbehörde ins Spiel. Die Mitarbeitenden von Standesämtern und Ausländerbehörden beurteilen dann, ob es sich um eine "echte" Ehe handelt bzw. eine solche geplant ist. Laut Urteils des Bundesverwaltungsgerichts darf der Zweck einer Ehe nicht weniger sein als die Begründung einer »in welcher Form auch immer zu führende[n] eheliche[n] Lebensgemeinschaft«.lxiii (Selbstredend wird deutsche Liebe verwaltet.) Weil aber auf eine detaillierte Definition verzichtet wurde, lassen sich aus dem Begriff keine konkreten Verhaltenspflichten ableiten. Damit findet die Beurteilung durch willkürliche und außerrechtliche Kriterien statt.lxiv Die Betroffenen können theoretisch gar nichts in sich Richtiges oder Falsches sagen, sondern sind vom Weltbild der Prüfenden abhängig. Das eröffnet in der Verwaltungspraxis einen gewaltigen Gestaltungsspielraum. Dabei werden die Beamt*innen gleichzeitig zu Anklage und Richter*innen über die Liebe erhoben. Die Mitarbeitenden dürfen über einen undefinierten, in der Zukunft liegenden Zustand, nämlich den der ›ehelichen Lebensgemeinschaft‹ richten. Da selbst die zukunftsgewandtesten Beamt*innen keine wahrsagerischen Fähigkeiten haben, ist ihr Urteil immer nur auf einen Verdacht gestützt. Für dieses Unterfangen dürfen die Beamt*innen Befragungen des Paares und weitere Nachforschungen durchführen. Letzten Endes können auch Strafermittlungsbehörden hinzugezogen werden und/oder die Fälle vor Gericht landen.
Der Verdacht, nicht aus Liebe, sondern für Papiere geheiratet zu haben, kann die Betroffenen zu jedem Zeitpunkt treffen: Bei der Anmeldung der Heirat, bei der Hochzeit, während der Ehe, bei der Scheidung und selbst danach. Und auch hier ist noch nicht Schluss: Das Bundesverwaltungsgericht urteilte 2003, dass auch eine erfolgte Einbürgerung widerrufen werden kann, wenn diese nur aufgrund einer vorgetäuschten Ehe erteilt wurde.«lxv Hallöchen "Remigration"! Hier werden faschistische Träume wahr.
Innenministerien setzen die ihnen unterstehenden Standesämter und Ausländerbehörden nicht nur unter Druck, sie bauen zudem auf deren "Kreativität" bei der Schikane binationaler Ehen. Im Vergleich zu vor 1998 gibt es heute deutlich mehr ministerielle Anweisungen, die sich auf Scheinehen beziehen. Oft handelt es sich dabei um Erlasse und Handreichungen mit generalisierenden Beispielen aus der "Praxis-Erfahrung". Es entsteht der Eindruck, dass sich dabei ausschließlich auf Schutzehen konzentriert wird. Andere Ehen, wie Zwangsehen oder Ehen, die nur für finanzielle Vorteile eingegangen werden, finden kaum Erwähnung. Begründet wird das mit migrationsfeindlichen staatlichen Zielen: »[Bei einer Aufenthaltsehe] erschöpft sich der Rechtsmißbrauch nicht darin, daß die Ehegatten persönliche Vorteile erlangen, wie beispielsweise bei der Namensehe oder der Versorgungsehe, vielmehr wird gleichzeitig wichtigen Zielen staatlichen Handelns entgegengewirkt.« In manchen Standesämtern ist Rassismus damit der einzige Grund für Mitarbeitende, eine Prüfung durchzuführen, da laut ihrer Interpretation eine »Prüfung einer Eheschließung von zwei deutschen Staatsangehörigen vom Gesetz "nicht gewollt"« sei.lxvi (So viel zu dem Anspruch, Ehen aus Zwang unterbinden zu wollen.) Es herrscht eine amtliche Sehnsucht nach eindeutigen, singulären Heiratsmotiven.lxvii Entweder man heiratet wegen der Aufenthaltserlaubnis oder aus Liebe. Beides gleichzeitig geht nicht. Scheinehen werden mit dem Missbrauch des Aufenthaltsrechts gleichgesetzt. Und binationale Ehe mit Scheinehen.
In deutschen Behörden wird davon gesprochen, dass das Eingehen einer Scheinehe von einem "inneren Vorgang" abhänge. Damit ist der Wille der Eheleute gemeint, die Institution Ehe auszunutzen, um einen Aufenthaltstitel für eine*n der Partner*innen zu erhalten. Da sich innere Vorgänge schwerlich nachweisen lassen, kann sich ein solcher Vorwurf immer nur auf Indizien stützen.lxviii Diese Indizien wiederum ergeben sich aus einem konservativen, heteronormativen Idealbild einer "richtigen" Ehe. In der Folge werden nun etwa Romantik, Langlebigkeit der Beziehung und Homogamie3 plötzlich als Parameter aus dem Hut gezaubert. Nur durch angebliche Normalität lässt sich die Ehe legitimieren. Das vermengt mit rassistischen, sexistischen, queerfeindlichen und klassistischen Vorurteilen, ergibt einen kafkaesken Verwaltungsapparat. (Not so) fun fact: Deutsch-deutsche Ehen werden nicht auf Erfüllung dieses "Idealbilds" geprüft.
Scheinehen sind durch kein deutsches Gesetz explizit verboten. Nirgends steht geschrieben, dass Ehepaare zur Liebe verpflichtet sind. Genauso wenig wie zum Zusammenwohnen oder dazu, sich besonders ähnlich zu sein. Auch ein ›auf immer und ewig‹ ist kein Muss. Das Bürgerliche Gesetzbuch besagt zwar, dass die Ehe auf Lebenszeit geschlossen wird. Es sagt aber auch, dass die Ehe jederzeit wieder geschieden werden kann. Also alles halb so wild. Davon wird man auch kein schlechter Mensch. Sehen die Beamt*innen das aber anders, stehen die Paare vor einem Dilemma: Entweder sie lassen sich nicht auf die Willkür ein und riskieren damit, dass das Standesamt die Eheschließung verweigert und dass die Ausländerbehörde ihnen aufs Dach steigt. Oder sie passen ihre Erzählung prophylaktisch diesen imaginären Regeln an. Wenn die Beweggründe zur Heirat nicht in das konservative und migrationsfeindliche Weltbild passen, erzählen viele Paare lieber, was gehört werden will. Da ihnen das Recht verweigert wird, ihre Ehe so zu gestalten, wie sie das möchten, bleibt ihnen kaum eine andere Wahl als bei Befragungen zu lügen – selbst wenn aus Liebesmotiven geheiratet werden soll/wurde. Dann aber laufen die Paare Gefahr, bei einer Unwahrheit erwischt zu werden. In diesem Fall können ihnen unrichtige oder unvollständige Angaben vorgeworfen werden. Das Beschaffen eines Aufenthaltstitels durch unrichtige Angaben (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) ist wiederum sehr wohl eine Straftat (im Gegensatz zum Eingehen einer Scheinehe) und kann zum Verlust des Aufenthaltstitels führen.
Die staatliche Bewertung der Motive zur Heirat führt dazu, dass die Kontrolle über die Ehe zur Umsetzung politischer Ziele instrumentalisiert wird. Der Preis dafür ist hoch: die Verletzung von Privat- und Intimsphäre sowie die (Un-)Verhältnismäßigkeit der Mittel bei den Prüfungen; verfassungsrechtliche Bedenken, da die im Grundgesetz verankerte Eheschließungsfreiheit (Art. 6 Abs. 1 GG) eingeschränkt wird; die Abschaffung des formalen Konsensprinzips und die Entprivatisierung des »innerehelichen Bereichs« durch die Ehezwecksetzung durch den Staat.lxix Bei Befragungen werden manchmal Gespräche mit Beisein von Rechtsanwält*innen unterbunden. Oder es müssen eidesstattliche Versicherungen abgegeben werden, dass kein Geld gezahlt und die Ehe freiwillig eingegangen wird. Die Standesämter fordern routinemäßig Akten von der Ausländerbehörde an. Darin befinden sich auch Unterlagen, die für das Standesamt völlig irrelevant sind. Von Datenschutz keine Spur. Die Befragung von Dritten und andere Schnüffelpraktiken sind weitere schwere Eingriffe in die Privatsphäre. Die Kompetenzzuschreibung an Standesämter und Ausländerbehörden, über die Wahrhaftigkeit von Beziehungen zu richten, ist juristischer Wahnsinn und ein rechtsstaatlicher Totalschaden.
Für die Paare ist diese Prozedur – egal bei welchem Ausgang – demütigend, langwierig und teuer. Durch die Länge der Verfahren wird nicht selten der Aufenthalt gefährdet. Die Unsicherheit und das Hingehalten werden sind eine schwere Belastung für die Paare. Der unsichere Rechtsstatus wirkt sich also direkt auf die Beziehung aus, egal ob es sich um eine Liebesheirat oder eine Schutzehe handelt. Dabei sind die rechtlichen und finanziellen Verantwortungen, die sich aus einer Schutzehe ergeben, nicht minder derer einer "klassischen" Ehe. Sollte es nicht egal sein, ob man mit der Scheidung wartet, bis der Kredit abbezahlt ist und die Kinder aus dem Haus sind? Oder eben der Aufenthaltstitel geklärt ist? Denn das heißt mitnichten, dass die eheliche Verantwortung derweil nicht ernst genommen wird. Offensichtlich muss ein Vertrauensverhältnis zwischen den Eheleuten bestehen, um ein solches Projekt gemeinsam zu bestreiten. Jemanden zu heiraten, damit die Person den deutschen Pass erhält und damit die Chance auf ein Leben in Sicherheit – ist das nicht ein Akt der Liebe? Eine Deutsche, die eine Schutzehe mit einem von Abschiebung bedrohten Freund schloss, sagte: »Liebe ist für mich kein Grund zu heiraten. Aber es gibt durchaus Gründe, einen Menschen, den ich liebe, durch Heirat vor einer Abschiebung zu schützen.« Sie findet diesen Grund nicht anstößiger als bei »einer anderen Ehe, die vielleicht geschlossen wurde, weil es die Verwandtschaft wünscht, weil ein Mann eine billige Putzfrau gefunden hat, weil diese Art des Zusammenlebens Steuern spart, weil ein Kind unterwegs ist, oder weil man das so macht, wenn man sich liebt.«lx
Zunächst werden nicht-deutsche Menschen nahezu zum Heiraten gedrängt, da sie kaum andere Chancen haben, ihren Aufenthalt zu sichern. Doch entscheiden sie sich schließlich dazu, stehen sie unter Generalverdacht, der sich der ausländerfeindlichen Großwetterlage anpasst. Binationale Paare sind sowohl auf individueller (Beamt*innen) als auch struktureller Ebene (Gesetze, konservative Institutionen, Vorschriften) Diskriminierungen ausgesetzt.
Standesbeamt*innen dürfen Eheschließung nur verweigern, wenn es sich offenkundig um eine Scheinehe handelt. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz: Denn die Offenkundigkeit kann eigentlich erst als Ergebnis einer Ermittlung festgestellt werden. Immerhin braucht es konkrete Anhaltspunkte, um mit den Nachforschungen beginnen zu dürfen. Die sind allerdings so breit gefächert und interpretierbar, dass diese Einschränkung unterm Strich auch keinen Unterschied macht. Zu den Verdachtskriterien gehören z.B. die absehbare Ausreisepflicht eines*r Verlobten; ein Umzug in einen anderen Standesamtsbezirk; ein vorheriger Vorwurf, eine Scheinehe zu planen; der Ehewunsch folgt kurz auf das Kennenlernen; keine Planung einer gemeinsamen Adresse; ein signifikanter Altersunterschied verknüpft mit wirtschaftlicher Abhängigkeit; beide möchten den deutschen Familiennamen führen; eine vorherige Scheidung von einem*r ausländischen Ehepartner*in ohne Aufenthaltserlaubnis.lxxii Es ist keine Überraschung, dass es immer wieder zu rechtswidrigen verdachtsunabhängigen Scheinehe-Ermittlungen kommt.
»Selbst Schuld, wenn Sie sich unbedingt einen [N-Wort] aussuchen mussten.«
»Asylbewerber heiraten nur wegen der Aufenthaltserlaubnis.«lxxiii
Für die Überprüfungen nutzen sowohl Standesämter als auch Ausländerbehörden Fragenkataloge, die nicht öffentlich einsehbar sind. Die Fragen sind zum Teil sehr intim bis absurd. Spätestens wenn Beamt*innen beginnen, ihre persönliche migrationsfeindliche Agenda in die Prüfung einfließen zu lassen, geht es richtig rund. Die augenscheinlichste Form der Diskriminierung ist Rassismus. Ein Mitarbeiter einer Ausländerbehörde ist sich bspw. sicher, dass man für eine Wohnungsüberprüfung »ganz viel kulturelle Erfahrung« mitbringen müsse. Nicht nur müsse kontrolliert werde, ob das Bett wirklich von zwei Personen benutzt würde und ob zwei Zahnbürsten im Bad stehen, sondern auch ob »kulturspezifische« Kriterien erfüllt seien. Dazu nannte er das Vorhandensein eines Gebetsteppichs bei einem*r vermeintlich muslimischen Partner*in, einen Reiskocher bei Menschen aus Asien oder auch eine »geistliche Figur« bei Inder*innen.lxxiv Die Erfüllung rassistischer Zuschreibungen wird hier zentral für die Möglichkeit zu heiraten oder verheiratet zu bleiben.
Wenn es darum geht, dass ein ausländischer Partner den Namen seiner deutschen Frau annehmen möchte, sind manche Standesämter aufgerufen, zu prüfen, ob es sich um einen »islamistischen Terroristen« handelt, der versucht, seine Identität zu verschleiern. Dieser muslimfeindliche Verdacht trifft Menschen aus einer sehr langen Liste von Herkunftsländern.4lxxv Liegen weitere Verdachtsmomente vor (und wie schnell die konstruiert sind, wissen wir ja), wird das Paar getrennt befragt oder auch gleich die Polizei eingeschaltet.
»Solange ich hier sitze, heiratest Du keinen Ausländer.«lxxvi
»So wie Sie aussehen, hätten Sie doch auch einen Deutschen kriegen können!«lxxvii
Rassismus paart sich gern mit Sexismus. »Mädchen, weißt du, was du da tust? Es sind fast alle Kriminelle, die bleiben drei Jahre bei dir wegen der Aufenthaltserlaubnis, und nach drei Jahren finde ich dich hier im Büro, weinend, weil er dich verlassen hat. Besser, du machst es nicht.«lxxviii Voilà. Trotz der rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter haben Behörden die Tendenz, Paare zu prüfen, bei denen ein ausländischer Mann und eine deutsche Frau heiraten wollen. Diese Art der Beziehung scheint "unnatürlich". Das trifft v.a. dann zu, wenn der Mann aus einem »afrikanischen« oder »muslimischen« Land stammt. Behördenmitarbeitende, Prozessvertreter*innen und auch Richter*innen sparen dabei nicht an sexistischen und rassistischen Ansichten. Sie unterstellen den Männern, dass sie die »Naivität und Gutgläubigkeit« der armen deutschen Frauen ausnutzen und ihnen bloß für den Aufenthaltstitel »nette Augen« machen.lxxix So warnen Beamt*innen deutsche Frauen im Zuge der Befragungen vor der Gefahr des Missbrauchs. Sie unterstellen eine einseitige Scheinehe, die sie wiederum als eine Bedrohung für den Rechtsstaat und für die "deutsche Gesellschaft" erachten. Sie fühlen sich berufen, deutsche Frauen vor Enttäuschung und ihrem Verlobten zu schützen. Ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde Brandenburg sagte: » Unsere Aufgabe ist es, diesen Frauen die Augen zu öffnen.«lxxx Diese Opferinszenierung der deutschen Frau ist nicht nur sexistisch, sondern auch absurd. Der Mensch mit deutschem Pass sitzt bei einer binationalen Ehe am längeren Hebel.
Wenn es sich um einen deutschen Mann handelt, der eine ausländische Frau heiratet, wird niemand "beschützt". Ehen, die etwa über Heiratsagenturen mit thailändischen oder philippinischen Frauen zustande kommen, werden nicht überprüft. Egal, wie offenkundig es ist, dass das primäre Ziel eine Heirat ist und nicht die Liebe des Lebens zu finden. Eine Agentur schreibt: »Der gesamte Vorgang des Kennenlernens mit dem Ziel – Asiatische Frauen Heiraten – wird von uns begleitet.« Eine andere: »Die Damen auf unserer Web-Seite sind ausgesuchte Thailänderinnen, die tatsächlich heiratswillig sind.«lxxxi
Den asiatischen Frauen wird Passivität und Subdominanz unterstellt. Als hätten sie keine anderen Beweggründe zur Heirat, als endlich einen deutschen Mann beglücken und lieben zu dürfen. Dass die transnationale Ehe für sie aufenthaltsrechtliche und ökonomische Vorteile haben könnte, scheint nicht von Belang. Für die Beamt*innen ist wichtiger, dass es sich in diesem Fall um eine völlig akzeptable, da konservative Interessengemeinschaft handelt. Laut eines Prozessvertreters würde die Frau ja nun mal Sicherheit und eine »Zukunft in Europa« herausschlagen. Der Mann wiederum ist im Besitz einer Frau, die »kocht, putzt, bügelt und auch ansonsten zur Verfügung steht«.lxxxii
Auch bei größeren Altersunterschieden gilt es als "normaler", wenn die Frau jünger ist als der Mann.lxxxiii Das gilt erst recht, wenn es sich um eine Frau aus Südostasien handelt. Für deutsche Frauen, die mit jüngeren ausländischen Männern in Beziehungen sind, gelten andere Regeln. Da verstärkt der Altersunterschied den Verdacht einer (einseitigen) Scheinehe. Da ältere Frauen den deutschen Ämtern nicht als begehrenswert erscheinen und in ihrer angeblichen (sexuellen) Frustration besonders einfältig sein müssen, gibt es keine andere Option, als dass der "böse Fremde" die "alte Schachtel" ausnutzt.
Binationale Paare sind mit einer Gemengelage rassistischer, sexistischer, patriarchaler und exotisierender Denkmuster konfrontiert, die einem kolonialistischen Denken entspringen. "Exotische" Frauen werden mit sexueller Freizügigkeit und Fügsamkeit assoziiert. Ihr einziges Glück liegt in der Sorge um den Mann und darin, sich ihm unterzuordnen und ihm zu dienen. "Südländer" und "Afrikaner" hingegen werden als gewalttätig und/oder "animalisch-triebhaft" stereotypisiert. Sie sind unberechenbar und eine Gefahr für den Staat und die deutsche Frau.lxxxiv Das Bild der weißen Frau ist von Schwäche, sexueller Reinheit und Abhängigkeit vom Mann geprägt. Wenn sie sich mit ausländischem Mann "einlässt", gilt sie als töricht, naiv und beeinflussbar. Wohingegen ein weißer Mann immer dominant und stark ist. Er beschützt und rettet Frauen und den Staat gleich mit.lxxxv
»Wie viel Geld haben Sie denn dafür bekommen?«lxxxvi
Fließende Übergänge gibt es nicht nur zwischen Rassismus und Sexismus, sondern auch zu klassistischen Vorurteilen. Der Klassencharakter der Eheeinschränkungen zeigt sich schon vor der Schikane durch die Behörden. Denn eine binationale Heirat ist für wohlsituierte Menschen einfacher durchzuführen. Es fallen hohe Kosten für die Beschaffung der nötigen Dokumente an. Besser Betuchte haben leichteren Zugang zu juristischer Beratung. Und sie werden schlicht und ergreifend seltener verdächtigt. Und auch nach der Heirat werden wohlhabende Menschen bevorzugt. Sowohl eine Niederlassungserlaubnis als auch eine Einbürgerung stehen nur denen zu, die keine Sozialleistungen beziehen (mit wenigen Ausnahmen). Es ist ein systematischer Ausschluss von demokratischer Teilhabe für alle, die keiner lebensunterhaltsichernden Beschäftigung nachgehen können und Sozialleistungen erhalten. Das betrifft Menschen, die unbezahlte Care-Arbeit in der Familie leisten, Rentner*innen, die aufstocken müssen sowie Menschen mit Behinderungen. Das Recht, auf Dauer in Sicherheit in Deutschland leben zu können, hängt vom Alter, familiärer Situation und gesundheitlicher Verfassung ab. Bzw. davon, ob man reich genug ist, die sich daraus ergebenden Einkommensausfälle aus eigener Tasche kompensieren zu können.lxxxvii
Die staatlichen Institutionen gehen wiederum davon aus, dass sich auf deutscher Seite v.a. Menschen, die »sozial relativ schlecht dran« oder »ungebildete Hartz IV Empfänger« sind, in eine Scheinehe begeben. So könnten sie sich »ein paar Märker dazuverdienen«.lxxxviii Auch auf EU-Ebene unterstellt man den eigenen Bürger*innen, die von »Armut, Schulden, Obdachlosigkeit, Drogenabhängigkeit, Arbeitslosigkeit oder psychischer Schwäche« betroffenen sind, einen tendenziellen Hang zum Eingehen einer Scheinehe.lxxxix Sei es, weil man diese Menschen für käuflich hält oder weil man glaubt, dass Armut dumm macht und Betroffene sich somit leichter täuschen lassen. Dabei wäre selbst eine Täuschung über Vermögensverhältnisse kein Grund zur Eheaufhebung.xc Geschweige denn Armut. Weder Geld noch die »gesellschaftliche und soziale Position« einer Partner*in spielen bei der gesetzlichen Beurteilung einer ehelichen Lebensgemeinschaft eine Rolle.xci Es sei denn, es handelt sich um ein binationales Paar. Auch Ehen mit ausländischen nicht-akademischen Partner*innen werden härter geprüft. Bei solchen Konstellationen wird unterstellt, beruflich unqualifiziert zu sein und aus »schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen« zu kommen. Ziel sei einzig, sich das Aufenthaltsrecht zu ergaunern, um sich dann auf Kosten der deutschen Steuerzahler*innen »ein schönes Leben zu machen«.xcii Eine Heirat aus Zuneigung oder Verantwortungsbewusstsein wird finanziell schlechter gestellten Menschen nicht zugetraut.
Das Amtsgericht Frankfurt gab einem Standesamt recht, das sich geweigert hatte, die Ehe zwischen einer Deutschen und einem Marokkaner zu schließen. Die Begründung lautete, dass völlig unklar sei, wie der ausländische Verlobte »einer Unterhaltspflicht gegenüber seiner zukünftigen Ehefrau mangels Sprachkenntnissen und beruflicher Perspektive nachkommen wolle.« Außerdem befand das Amtsgericht es für ein Zeichen einer geplanten (einseitigen) Scheinehe, dass der Mann seiner Verlobten »keinerlei Geschenke« habe zukommen lassen. Demnach hätte das Paar keine »verantwortungsvolle Planung einer gemeinsamen Zukunft« und auch keine »persönliche und fürsorglich-liebevolle Beziehung«.xciii (Immerhin wurde das Urteil in zweiter Instanz vom Oberlandesgericht aufgehoben.) Völlig konträr entschied sich das Amtsgericht Frankenthal dazu, eine Ehe aufzuheben, obwohl der ausländische Mann monatlich Geld auf das Konto seiner deutschen Frau überwies. Mit der Begründung, dass es nicht ausreiche, »dass ein Ehegatte dem anderen in finanzieller Hinsicht Beistand leistet«.xciv Bei Gericht werden Urteile zu Scheinehenaufhebungen in zweiter Instanz oft aufgehoben. Es kommt aber auch vor, dass es bei ähnlichen Fällen zu sehr unterschiedlichen Urteilen kommt. Die Beurteilung liegt völlig im Ermessen der Beamt*innen und Richter*innen und ist wiederum abhängig von ihrem "Wissen" über echte Ehen.
Dafür, dass es angeblich um verbindliche Lebensgemeinschaften geht, also diese innere Tatsache, sich wirklich, wahrhaftig und foreverever füreinander zu entscheiden, dreht sich erstaunlich viel ums Geld. Ein "echtes" Paar wird durch eine gemeinsame "gute" finanzielle Situation ausgemacht. Das Bundesministerium des Innern sagt’s ganz offiziell: Eine gegenseitige Bevollmächtigung zum Zugang zu Konten, gemeinsame Kreditaufnahmen, sonstige Vertragsunterlagen und Zahlung von Unterhaltsleistungen machen die Eheleute weniger verdächtig.xcv
Die Institution Ehe ist ein Machtinstrument, das für migrationspolitische Ausschlüsse genutzt wird. Heutige Versuche, Scheinehen herbeizureden und dann zu bekämpfen, sind die Weiterführung einer kolonial-rassistischen, klassistischen und sexistischen Historie. Es ist Diskriminierung, wenn Menschen bestimmter Herkunftsländer systematisch kontrolliert werden und wenn "kulturelle" und religiöse Unterschiede eines Paars als Verdachtsmoment gelten. Es ist rassistisch, wenn bereits eingebürgerte Menschen eher unter Scheineheverdacht geraten, weil schleichender Familiennachzug und/oder Kettenscheinehen5 unterstellt werden. Wenn der Umstand, im Asylverfahren zu sein, ein Verdachtskriterium ist, dann zeigt das, dass man den Menschen und ihrem Ersuch um Schutz von Anfang an nicht glaubt. Es ist klassistisch, wenn Vermögen und soziale Herkunft eine Rolle spielen. Es ist geschlechtsspezifisch diskriminierend, wenn sexistische Vorurteile dazu führen, dass eine Ehe verdächtigt und geprüft wird. Es ist ein Unding, dass die Beweislast bei den Paaren liegt und sie mit erzwungener "Freiwilligkeit" absolut Privates (Korrespondenz, Infos über Beziehung, Wohnungsbesichtigung) offenlegen müssen – vor Beamt*innen, die weder dafür geschult noch offizielle Ermittler*innen sind. Im Zweifelsfall geschieht das mit Prüfmethoden, die die Intimsphäre der Paare und ihre Menschenwürde verletzen.xcvi Folglich sind viele Menschen von intersektionaler Mehrfachdiskriminierung betroffen. Unterstützung müssen die Betroffenen sich von außen holen. Innerhalb des Systems haben sie keine Hilfe zu erwarten. Gleichzeitig werden viele widerrechtliche verdachtsunabhängige Scheineheermittlungen durchgeführt. Konsequenzen haben die Mitarbeitenden der Behörden dafür wiederum nicht zu befürchten.
Auch wenn es binationalen Paaren gelingt, die Beamt*innen und Gerichte zu überzeugen, haben sie einen hohen Preis gezahlt: eine demütigende Einmischung in ihr Privatleben, nicht weniger demütigende Befragungen im Umfeld, Offenlegung ihrer Beziehungsgestaltung und persönlicher Habe, potentiell die Unterstellung einer Straftat, Dauer und Kosten des Verfahrens – all dies ist mit hohen ideellen und materiellen Verlusten verbunden.xcvii Der Druck ist enorm und kann dazu führen, dass die Beziehung daran und nur daran scheitert.
Nach Mechanismen, die tatsächliche Probleme angehen, wie arglistige Täuschung, missbräuchliche Ehen, Zwangsehen und Menschenhandel – alles Situationen, bei denen es um den Schutz eines Menschen (meist Frauen) geht und nicht um den Staat – sucht man derweil vergeblich. Aufklärungskampagnen und Stärkung von Opferrechten? Nada. Die tendenzielle Stigmatisierung und Verhinderung binationaler Ehen und die Verschärfungen im Ehe- und Aufenthaltsrecht (wie etwa die Verlängerung der Frist, um ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu erlangen) bagatellisieren die Not der Betroffenen, ohne ihnen Hilfe zu bieten. Es geht einzig darum, Migration zu verunmöglichen. Susanne Miller (die sich durch eine Schutzehe vor den Nazis retten konnte) sagte in den späten 1990er-Jahren über die fortschreitenden Beschränkungen im deutschen Asyl- und Eherecht: »Wir können doch unser politisches Handeln nicht durch Betrüger und Schlepper bestimmen lassen! (...) Durch eine Verschärfung des Asylrechts legt man ihnen jedenfalls nicht das Handwerk – im Gegenteil: Man treibt Verzweifelte noch eher in ihre Fänge.«xcviii
Solange eine Heirat einvernehmlich und freiwillig ist, sollte es den Beteiligten überlassen bleiben, warum sie heiraten. Es geht den Staat nichts an, welche Beweggründe Menschen dazu veranlassen, sich für eine Ehe zu entscheiden. Letzten Endes ist die Ehe eine bürgerliche und patriarchale Struktur, deren Vorzüge grundsätzlich abgeschafft gehören. Bis das geschafft ist, können aber genau diese konservative Institution und der rechtlich festgeschriebene besondere Schutz der Ehe für ein progressives Anliegen genutzt werden: Menschen, die dem deutschen Staat nicht willkommen sind, durch eine Schutzehe zu einem eigenständigen unbefristeten Aufenthaltsrecht zu verhelfen! Denn das gelingt aller Schikanen zum Trotz häufiger, als man denkt. Mit einer guten Vorbereitung lässt sich die Willkür der Behörden navigieren.
Es braucht ein ganzes Dorf, um eine Ehe zu führen!
Dies ist ein Überblick über Möglichkeiten, fragwürdige Fallstricke, notwendige Netzwerke und ehrliche Erfahrungsberichte.
Was genau eine Scheinehe ist, wird in keinem deutschen Gesetzestext definiert. Die Definition ergibt sich stattdessen aus dem Umkehrschluss: Eine "richtige" Ehe muss eine auf Dauer angelegte, vermeintlich unauflösbare »ehelichen Lebensgemeinschaft« sein. Wie genau eine »eheliche Lebensgemeinschaft« auszusehen hat, wird nicht weiter ausgeführt. Wichtig scheint dabei aber ein gemeinsamer Lebensmittelpunkt und ständiger Kontakt der Eheleute zu sein. Besteht der Verdacht, dass eine solche »eheliche Lebensgemeinschaft« nicht begründet werden soll, kann eine Ehe gerichtlich aufgehoben bzw. die Eheschließung verweigert werden (§ 1314 BGB).
Strafrechtlich relevant sind dabei unrichtige oder unvollständige Angaben über das Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft gegenüber den Behörden, um die Aufenthaltsgenehmigung zu erlangen. Das kann mit Geldstrafen oder sogar mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Der*die deutsche Partnerin macht sich dabei als Täter*in selbst strafbar, wenn er*sie die Angaben gegenüber der Ausländerbehörde bestätigt. Macht er*sie selbst keine Angaben, so kommt eine Strafbarkeit wegen Beihilfe in Betracht. Stellt ein Gericht eine Scheinehe fest, wird die Ehe aufgehoben und der*die nicht-deutsche Partner*in (zumal jetzt vorbestraft) droht jedwedes Aufenthaltsrecht zu verlieren.
Vor Gericht landen Schutzehen aber nur selten. Sie sind juristisch schwer nachweisbar. Zu Verurteilungen kommt es meist nur dann, wenn ein*e Partner*in geständig war und/oder den Prozess von sich aus angestrebt hat. Mit einer guten Rechtsberatung werden Verfahren meist fallen gelassen. Mit einer sorgfältigen Vorbereitung muss es auch gar nicht so weit kommen …
Wo wird geprüft?
Bei der Verhinderung, Ermittlung und Ahndung von Scheinehen sind mehrere Instanzen und Behörden involviert. Sowohl Mitarbeitende des Standesamts als auch der Ausländerbehörden können die Motive für die Eheschließung prüfen (sowohl vor als auch nach der Eheschließung). Die Art der Kontrollen variiert sowohl bei den Standesämtern als auch bei den Ausländerbehörden von Kommune zu Kommune sowie von Bundesland zu Bundesland. Bei Verdacht einer Straftat können auch Strafermittlungsbehörden hinzugezogen werden.
Weil es keine genaue Definition der Ehe gibt, findet die Beurteilung durch willkürliche Kriterien der prüfenden Beamt*innen statt. Betroffene werden hier oftmals mit rassistischen, sexistischen und klassistischen Vorurteilen konfrontiert. Es gibt Standesämter, die binationalen Ehen aufgeschlossener gegenüberstehen als andere. Bei den Ausländerbehörden ist grundsätzlich von einer restriktiven Auslegung etwaiger Bleiberechte auszugehen.
Auf dem Standesamt wird die Ehe angemeldet und geschlossen. Welches Standesamt zuständig ist, hängt von dem/den Wohnsitz/en des Paars ab. Die Mitarbeitenden sind dazu verpflichtet die Mitwirkung an der Eheschließung zu verweigern, wenn offenkundig ist, dass die Ehe eine Scheinehe ist. Offiziell brauchen sie dafür mehrere konkrete Anhaltspunkte. Das kann z.B. eine absehbare Ausreisepflicht sein; widersprüchliche Angaben der Brautleute zum Kennenlernen oder zu Personalien; ein schnelles Aufeinanderfolgen von Kennenlernen und Heiratswunsch; eine kürzliche Scheidung von einem*r nicht-deutschen Ehepartnerin ohne Aufenthaltserlaubnis; ein großer Altersunterschied oder das Fehlen einer gemeinsamen Sprache.
Die Paare müssen dann irgendwie beweisen, dass sie trotzdem eine "echte" Ehe führen. Dafür sollen die Paare "Nachweise" für die Beziehung vorbringen (wie etwa Liebesbriefe oder Fotos) und sie können (gemeinsam oder getrennt) über die Beziehung befragt werden. Die Befragungen sind offiziell "freiwillig". Wer sich dagegen entscheidet, riskiert in der Praxis aber, den Unmut des Standesamts auf sich zu ziehen. Die Standesbeamt*innen können auch bei der Ausländerbehörde Auskünfte anfordern. Hierbei wird oft Einblick in die komplette Akte gegeben.
Wenn das Standesamt sich weigert, die Ehe zu schließen, kann beim Amtsgericht eine »Verpflichtung zur Vornahme der Eheschließung« beantragt werden. Das Gericht kann dadurch das Standesamt anweisen die Eheschließung durchzuführen, sofern es keine Scheinehe erkennt. Viele Paare entscheiden sich aber aus Kosten- und Zeitgründen dagegen. Stattdessen kann der Antrag auf Eheschließung beim Standesamt zurückgezogen werden. Solange noch keine schriftliche Begründung vom Amt vorliegt, bekommt man dann auch keine offizielle Ablehnung der Ehe. Falls der Wohnsitz einer der Partner*innen woanders liegt, kann man sich an das dortige Standesamt wenden und auf mehr Wohlwollen hoffen. Man kann auch den Wohnsitz in eine andere Stadt verlegen. Bei einem entsprechenden Auftreten beim Standesamt, hat man aber gute Chancen, dass die Ehe ohne Probleme geschlossen wird.
Das weitaus größere Problem sind die Ausländerbehörden. Sie werden involviert, wenn im Vorlauf ein Transfer aus einer staatlichen Unterkunft zum Wohnort der*des Partner*in beantragt wird; das Standesamt das Paar anschwärzt; wenn im Ausland ein Visum zur Eheschließung oder zum Ehegattennachzug beantragt wird oder spätestens wenn nach der Heirat ein Aufenthaltstitel beantragt wird. Bei der Ausländerbehörde erfolgt eine (zweite) umfassendere Kontrolle. Auch hier ist die Überprüfung nur bei konkreten Anhaltspunkten zulässig, wird aber oft so oder so durchgeführt. Hier kommen weitere Negativ-Kriterien hinzu. Z.B: Armut, abgelehnte Asylanträge, die Herkunft aus bestimmten "Entwicklungs- oder Schwellenländern" oder aus Ländern mit niedriger Anerkennungsquote für Asylsuchende oder wenn das Paar noch keine gemeinsame finanzielle Zukunft geplant hat.
Es kann sein, dass die Beamt*innen die gemeinsame Wohnung des Paars sehen möchten, um feststellen zu können, ob es sich um eine "echte" Ehe handelt. Solche Hausbesuche sind nicht verpflichtend für das Paar, aber auch nur theoretisch "freiwillig". Wenn das Paar keine Lust hat, dass ihre Privatsphäre verletzt wird, wird das meist als Indiz dafür gewertet, dass sie etwas zu verbergen haben. Auch Freund*innen und Familie können befragt werden. Manche Ausländerbehörden suchen sich zudem freiwillige Spion*innen, wie bspw. Nachbar*innen oder Paketbot*innen.
Stellen sich die Beamt*innen quer, gibt es die Option eine Dienst- und/oder Fachaufsichtsbeschwerde einzulegen. Solche Verwaltungsbeschwerden können Mitarbeitende ggf. dazu bringen, ihr Verhalten zu überdenken.
Die Fragen bei den Anhörungen sind zum Teil sehr intim bis absurd. Die Fragenkataloge sind nicht öffentlich. Trotzdem kann und muss man sich auf die Befragungen und Anhörungen gut vorbereiten. Bei Beratungsstellen für Geflüchtete und dem Verband binationaler Familien und Partnerschaften kann man sich darüber informieren.
Einige der möglichen Fragen:
Wie haben Sie sich kennengelernt?
Schauen Sie zusammen Fernsehen? Wenn ja, welches Programm?
Beschreiben Sie das Aussehen Ihres*r Partners*in
Wie rasiert sich Ihr Freund (nass oder trocken)?
Welches Parfum verwendet Ihre Partner*in?
Nennen Sie die Namen und das Alter Ihrer zukünftigen Schwiegereltern.
Warum wollen sie heiraten?
Wie heißen die direkten Nachbarn*innen (der gemeinsamen Wohnung)?
Wer wäscht die Wäsche?
Wann und wo haben Sie sich zum zweiten Mal getroffen?
Geburtsdatum und -ort Ihres*r Partnerin?
Welches Getränk bevorzugt Ihre Partner*in zum Frühstück?
Welche Schuhgröße hat Ihre Partner*in?
Hat Ihre Ehegatt*in besondere Merkmale (Tätowierungen o.ä.)?
In Deutschland sind gleichgeschlechtliche Ehen möglich. In einigen Fällen hat dies die Heirat erleichtert. Z.B. wenn als Asylgrund Verfolgung wegen Homosexualität angegeben wurde. Homosexualität kann auch eine glaubhafte Begründung dafür sein, warum man die Schwiegereltern nicht kennt (weil diese Homosexualität feindlich gegenüberstehen). Außerdem braucht es bei gleichgeschlechtlichen Paaren kein Ehefähigkeitszeugnis (s.u.).
Das Paar muss sich unbedingt vertrauen und beide müssen sich über die Konsequenzen der Heirat bewusst sein. Sie werden eine lange Zeit miteinander verbunden sein. Vom Entschluss zu heiraten bis zum eigenständigen Aufenthaltstitel können 4-5 Jahre vergehen. Mit der Ehe entsteht automatisch ein Machtungleichgewicht zwischen der deutschen und der nicht-deutschen Person. Denn für den*die Nicht-Deutschen hängt der Aufenthalt von der Ehe ab. Für beide kann die Ehe finanzielle Auswirkungen haben, etwa auf Arbeitslosen- oder Sozialhilfe, Wohngeld oder BaföG. Egal aus welchen Gründen man heiratet, die rechtlichen Verpflichtungen bleiben bestehen. Durch Heirat und Scheidung entstehen Kosten. Zur Erlangung des Aufenthaltstitels müssen weitere Anforderungen über die Eheschließung hinaus erfüllt werden (z.B. Sprachnachweis, finanzielle Unabhängigkeit). Auch ein Streit ist möglich. Diese Herausforderungen sollten niemals allein zwischen den "Eheleuten" stehen, sondern kollektiv geschultert werden.
Es braucht ein ganzes Dorf, um eine Ehe zu führen.
Im besten Fall gibt es ein Netzwerk von Supporter*innen (weniger ist mehr: 4-6 Leute max.). Sie sollten die Ehe von Anfang bis Ende begleiten und sich gleichsam verantwortlich dafür fühlen. Es geht um politische und dauerhafte Solidarität und keinen Helferinnen-Komplex, der ggf. mit der Zeit abflaut. Gleichzeitig sollte man nicht zu vielen Menschen von der Schutzehe erzählen. Es gilt genau abzuwägen, was man der Familie, Freund*innen oder der WG verraten möchte und was nicht. Schutzehen werden in der Regel nur durch Denunziantentum aufgedeckt.
Vieles, was die Ehe erschweren könnte, muss im Voraus besprochen werden: bspw. lange Auslandsaufenthalte, ein geplanter Umzug in eine andere Stadt oder die (Liebes-)Beziehung mit einem anderen Menschen. Für Kinder, die in der Zeit der Ehe geboren werden, gilt der Ehegatte automatisch als Vater und ist unterhaltspflichtig. Durch eine Vaterschaftsklage kann die Vaterschaft aberkannt werden. Das sollte aber erst nach der Scheidung geschehen, um nicht das Misstrauen der Ausländerbehörde zu wecken. Am einfachsten ist es natürlich, wenn beide für diese Zeit keinen Kinderwunsch haben.
Wichtig: Ist man unter falscher Identität eingereist, muss das unbedingt vorher geklärt werden (mit anwaltlicher Hilfe)! Alle Beteiligten müssen 100%ig ehrlich zueinander sein und alle müssen die Ehe befürworten. Der Konsens sollten Respekt und Solidarität sein. Erwartet eine Person eine Gegenleistung, wie z.B. Liebe, Geld oder eine billige Putzkraft, dann sollte keine Schutzehe eingegangen werden. Und: Sex macht die Sache meist unnötig kompliziert.
So fies die Unterstellungen und Befragungen der Behörden auch sind, am besten ist es, das Spiel mitzuspielen. Das Einstudieren der gemeinsamen Geschichte und das Üben der Befragungen sind dringend nötig. Es geht darum, die "Romanze" zu dokumentieren und sich kennenzulernen. Wer sich tatsächlich mehrfach getroffen hat, braucht außer den Schmetterlingen im Bauch, nichts zu erfinden (Es war im Café XY, es war ein sonniger Tag). Ein Pärchen-Chat (Ich vermisse dich!, Kannst du noch Brot mitbringen?), Liebesbriefe, Selfies und Fotos von Treffen und mit gemeinsamen Freund*innen werden bei etwaigen Anhörungen viel wert sein. Man sollte sich in der Wohnung des*der anderen gut auskennen. Es kann sich lohnen für eine Zeit lang wirklich zusammenzuwohnen. Der*die Verlobte kann dann der Nachbarschaft vorgestellt werden und/oder wird dabei gesehen, wie er*sie das Treppenhaus putzt oder den Müll runterbringt.
Bei den Ämtern sollte man als "typisches" Paar auftreten. Durch Händchenhalten und einen vertrauten Umgang miteinander kann der Missmut der Beamt*innen in Grenzen gehalten werden. In der Wohnung sollten Fotos des Paars hängen, eine zweite Zahnbürste im Bad und ein paar private Gegenstände (Bücher, Kleidung etc.) sollten auch da sein. So ist man vorbereitet, falls das Amt zu einer Kontrolle vorbeikommt. Bei der eigentlichen Hochzeit sollte das Support-Netzwerk als fröhliche Gäste auftreten und das Paar vor Glück strahlen. Wer sich zu einem "verliebten" Kuss hinreißen lassen kann, hat viel gewonnen.
Es macht in jedem Fall Sinn, sich schon im Vorfeld externe Hilfe und Beratung zu holen. Anwaltliche Hilfe (Migrationsrecht und mit Erfahrungen in Eheschließungsfragen) ist v.a. für Menschen, die aus der Illegalisierung oder einer Duldung herausheiraten möchten, ein Muss. Anwaltlicher Beistand ist aber auch für alle anderen binationalen Paare wichtig. Zusätzlich können Beratungsstellen für Geflüchtete oder der Verband binationaler Familien und Partnerschaften dem Paar zur Seite stehen. Falls es Probleme mit den Ämtern gibt, kann auch die lokale Anti-Diskriminierungsstelle hinzugezogen werden. In manchen Städten hat die bloße Erwähnung der Anti-Diskriminierungsstelle (v.a. bei gleichgeschlechtlichen Paaren) Wunder gewirkt.
Wichtig: Bei keiner dieser Stellen darf verraten werden, dass es sich um eine Schutzehe handelt! Hier wird sich ausschließlich mit den Diskriminierungen und Schikanen beschäftigt, denen alle binationale Paare ausgesetzt sind und die der Ehe im Wege stehen. Die Hilfe greift unabhängig davon, ob es sich um eine Schutzehe handelt oder nicht. Und auch die Berater*innen können sich strafbar machen, wenn sie wissentlich eine Scheinehe unterstützen.
Der erste offizielle Schritt ist das Beschaffen der nötigen Unterlagen. Beim zuständigen Standesamt kann man sich erkundigen, was benötigt wird. Für den*die Deutschen sind das ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, eine beglaubigte Abschrift aus dem Geburtenregister und eine aktuelle erweiterte Meldebescheinigung. Für den*die Nicht-Deutschen müssen diverse Papiere aus dem Heimatland vorgelegt werden: Reisepass oder Identitätsnachweis mit Staatsangehörigkeitszeugnis, Geburtsurkunde und ein Ehefähigkeitszeugnis. Viele Länder stellen kein Ehefähigkeitszeugnis aus. In diesem Fall muss das Oberlandesgericht eine »Befreiung vom Ehefähigkeitszeugnis« erteilen. Dieser Schritt ist langwierig, oft von Diskriminierung begleitet und sollte anwaltlich unterstützt werden.
Je nach Herkunftsland können zusätzliche Dokumente gefordert werden. Das ist oft mit knappen Fristen und einem großen zeitlichen sowie finanziellem Aufwand verbunden. Die Dokumente werden durch die deutsche Botschaft im Heimatland auf ihre Echtheit geprüft. Dafür werden mitunter Vertrauensanwält*innen eingeschaltet, um die Identität und Familienverhältnisse zu durchleuchten. Dieser Prozess ist besonders langwierig und erschwert die Heirat enorm. Falls die Möglichkeit besteht, den*die Vertrauensanwält*in zu einer schnelleren Bearbeitung zu bewegen, sollte diese Wahrgenommen werden.
In Dänemark sind die Identitätsprüfungen (bisher) weniger hart. Dort zu heiraten ist für alle eine Option, die sich legal in Dänemark aufhalten dürfen. Im Anschluss muss man die Ehe in Deutschland anerkennen lassen.
Vorsicht zwischen Anmeldung und Eheschließung!
Sind alle Papiere da, kann die Eheschließung beim Standesamt angemeldet und ein Termin für die Heirat gefunden werden. Die Zeit zwischen Anmeldung der Ehe und der tatsächlichen Heirat ist für abschiebebedrohte Menschen besonders heikel. Dem Standesamt liegen nun alle Papiere vor, die auch zur Abschiebung benötigt werden. Der Pass sollte deswegen als letztes besorgt werden, damit weniger Zeit für eine etwaige Abschiebung bleibt bzw. man kein Strafverfahren wegen Passunterdrückung riskiert. Liegt keine Aufenthaltsgenehmigung vor, muss bei der Ausländerbehörde eine »Duldung zum Zwecke der Eheschließung« besorgt werden. Aber sowohl Standesamt als auch Ausländerbehörde können stattdessen die Polizei informieren.
Ist der*die nicht-deutsche Partner*in zur Fahndung ausgeschrieben oder befindet sich in Haft, ist besondere Vorsicht nötig. Solche Fälle müssen unbedingt von Anfang an von einem*r Anwält*in begleitet werden, um die Abschiebung zu verhindern (etwa durch eine Aufenthaltsgestattung durch ein Asylverfahren oder eine Grenzübertrittsbescheinigung). Grundsätzlich ist es besser, wenn man es schafft, den Aufenthalt vor der Eheanmeldung zu legalisieren.
Verlobte aus dem Ausland holen oder im Ausland heiraten
Wer vorhat, eine*n Deutsche*n zu heiraten, hat einen Rechtsanspruch auf Einreise und Aufenthalt nach/in Deutschland. Dafür braucht man ein »Visum zur Eheschließung«. Auch hier wird jede Menge Papierkram benötigt. Die deutsche Auslandsvertretung, bei der das Visum beantragt wird, tritt mit der Ausländerbehörde in Kontakt, denn die hat die Befugnis, die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Auch hier kommt es zu Überprüfungen. Allerdings gibt es in diesen Fällen weniger, was überprüft werden kann. Aber auch weniger, was man der Ausländerbehörde vorweisen könnte. Es gibt z.B. keine gemeinsame Wohnung, die kontrolliert werden könnte. Auch hier braucht es eine gute Geschichte, wie man sich kennengelernt hat, die durch Fotos, Briefe, Chats, Zeug*innen etc. belegt werden kann.
Man kann auch im Heimatland der*des Nicht-Deutschen oder im europäischen Ausland heiraten. Anschließend lässt man die Ehe von einem deutschen Standesamt anerkennen. Auch in diesem Fall kann es zu Nachforschungen durch die deutsche Vertretung, das Standesamt und die Ausländerbehörde kommen.
Für ein Visum zum Ehegattennachzug wird ein Deutschtest des Niveaus A1 vorausgesetzt, was nicht immer einfach zu bewerkstelligen ist. Tausende Visumsanträge zum Ehegattennachzug werden abgelehnt oder zurückgezogen. Erfahrungsgemäß sind die Antragszeiten in Großstädten sehr, sehr lang. Falls die Option besteht, dann ist es grundsätzlich einfacher in Deutschland zu heiraten.
Menschen, die visumfrei nach Deutschland einreisen dürfen, können nach der legalen Einreise ihren Pass verlieren. Wird ein neuer Pass bei der zuständigen Botschaft beantragt, können sie sich die Monate bis zur Ausstellung des Passes legal in Deutschland aufhalten und diese Zeit nutzen.
Jetzt geht es darum zu zeigen, dass man eine "normale" Beziehung führt (eheliche Lebensgemeinschaft). Falls das nicht schon vorher passiert ist, sollte sich das Paar spätestens jetzt eine gemeinsame Adresse zulegen und herrichten (s.o.). Das kann auch ein gemeinsames WG-Zimmer sein. Wichtig ist, dass beide hier tatsächlich postalisch zu erreichen und gemeldet sind. Ausnahmen für eine gemeinsame Wohnung können bei einem Studium oder einer Arbeitsstelle in einer anderen Stadt gemacht werden.6
Nach der Eheschließung muss die Aufenthaltserlaubnis bei der Ausländerbehörde beantragt werden. Sie kann für bis zu drei Jahre erteilt werden. Manchmal wird der Titel für nur ein Jahr erteilt, um dann erneut prüfen zu können, ob die Ehe besteht und weitere Auflagen (bspw. Integrationskurs, ausreichendes Einkommen) erfüllt wurden. Bei erfolgreicher Prüfung wird der Titel danach verlängert.
Nach drei Jahren Ehe kann die eigenständige Niederlassungserlaubnis beantragt werden. Zu diesem Zeitpunkt muss die eheliche Lebensgemeinschaft noch bestehen. Für das Amt zählt dabei der Zeitpunkt der Trennung und nicht der Scheidung. Man trennt sich am besten erst dann, wenn die unbefristete Aufenthaltserlaubnis schon erteilt wurde. Über die Trennung muss man die Ausländerbehörde informieren und beim Standesamt die Scheidung einreichen. Nach dem Trennungsjahr erfolgt dann die Scheidung. Für Ehen, die im Ausland geschlossen wurden, ist zu berücksichtigen, dass nur die Zeit zählt, die die Ehe in Deutschland geführt wurde. Die Zeit, die das verheiratete Paar im Ausland verbracht hat, wird nicht angerechnet.
In Deutschland besteht bei einer Scheidung Anwaltspflicht. Scheidungskosten fallen aber immer an, selbst wenn man sich einig ist. Das (Ex-)Paar kann sich aber eine*n Anwält*in teilen. Es gibt gesetzlich festgelegte Gebühren, die bei einer Scheidung an den Rechtsbeistand gezahlt werden müssen. Hier bietet es sich an, Anwält*innen zu beauftragen, die sonst viel Soli-Arbeit leisten!
Wichtig: Sollte sich eine*r der Partner*innen – egal aus welchen Gründen – zu einer Trennung entschließen, bevor der eigenständige Aufenthaltstitel erteilt wurde, sollte unbedingt externe Beratung (Rechtsbeistand und/oder Beratungsstelle für Ausländer*innen) hinzugezogen werden!
Durch die Ehe geht man rechtliche und finanzielle Pflichten miteinander ein, die teilweise über die Zeit der Ehe hinaus gelten. Einige Verantwortungen sind unumstößlich. Andere können durch einen Ehevertrag ausgeschlossen werden. Der Vertrag führt im Normalfall auch dazu, dass die Kosten für eine Scheidung geringer ausfallen. Den Ehevertrag lässt man von einem*r Anwält*in aufsetzen und notariell beglaubigen. Am besten tut man das kurz vor der Heirat. Ausschließbar sind die gegenseitige Unterhaltspflicht nach der Ehe und der Versorgungsausgleich (die spätere Teilung der Renten). Auch die Gütertrennung sollte festgelegt werden (beide behalten ihr jeweiliges Vermögen, es wird nicht aufgeteilt). Nicht vertraglich ausschließbar sind Vaterschaft und gemeinsame Schulden.
Durch das Aufsetzen eines Testaments kann man den*die Ehepartner*in vom Erbe (mit Ausnahme des Pflichtteils) ausschließen. Mit einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht kann man andere Menschen als den*die Ehepartner*in bestimmen, die medizinische und rechtliche Entscheidungen treffen, wenn man es selbst nicht mehr kann.
Dieser Überblick wurde Anfang 2025 verfasst. Wer heiraten möchte, sollte sich vorab unbedingt genau über aktuelle Vorgaben und Voraussetzungen erkundigen.
Eine Schutzehe ist mit großen Herausforderungen und viel Verantwortung für beide Partner*innen und auch das Support-Netzwerk verbunden. Aber die Erfahrung zeigt: Mit einer guten Vorbereitung und dem nötigen Durchhaltevermögen ist es zu schaffen!
Weitere Infos und Hilfe:
Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.: www.verband-binationaler.de
Refugeee Law Clincs: home.refugeelawclinics.de
Informationsverbund Asyl & Migration: www.asyl.net
Pro Asyl: www.proasyl.de
LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt: www.lsvd.de
Mögliche Fragen bei Standesamt und Ausländerbehörde:
http://www.schutzehe.com/data/de_data/de_fragen.htm
https://www.kanak-attak.de/ka/infopool/zahn.html
https://www.lawblog.de/archives/2005/10/26/fragebogen-fur-scheinehen
Deutschlandfunk, Karla Hielscher: Russische Frauenschicksale. 26. Mai 2008; https://www.deutschlandfunk.de/russische-frauenschicksale-100.html.
Ard alpha: Sofja Kowaleskaja wird erste Mathematik-Professorin. 09. März 2021; https://www.ardalpha.de/wissen/geschichte/historische-persoenlichkeiten/sofja-kowaleskaja-professorin-mathematik-frau-geschichte-frauengeschichte-100.html
Der Standart, Interview Heidi Weinhäpl mit Jens Eisfeld: "Eine Erfindung des Nationalsozialismus". 26. März 2007;https://www.derstandard.at/story/2781960/eine-erfindung-des-nationalsozialismus
Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration NRW: Frauen und der § 175 StGB. https://queer-in-nrw-history.de/wp-content/uploads/2020/11/Modul_3.1_Lesben_FINAL_DRUCK_PW.pdf
Jalowicz-Simon, Marie (2014): Untergetaucht. Eine junge Frau überlebt in Berlin 1940 â1945. Frankfurt am Main: S. Fischer, S. 103. Und: [fernetzt], Irene Messinger: Verhinderte Scheinehen ins Exil. 15. Mai 2018; https://fernetzt.univie.ac.at/verhinderte-scheinehen-ins-exil/
Spiegel, Felix Bohr: Heiraten, um zu leben. 17. Januar 2022; https://www.spiegel.de/geschichte/heiraten-um-zu-leben-a-587ab68e-0002-0001-0000-000184517275?context=issue Und: [fernetzt], Irene Messinger: Verhinderte Scheinehen ins Exil.
Wina âdas jüdische Stadtmagazin, Angela Heide: Scheinehen als Lebensretter. Juni 2018, https://www.wina-magazin.at/scheinehen-als-lebensretter/
Taz, Peter Tomuscheit: Null Bock auf Ehe in der DDR. 19. September 1990; https://taz.de/Null-Bock-auf-Ehe-in-der-DDR/!1752426/
bpb, Ilko-Sascha Kowalczuk: Nicht mehr mitmachen - Ausreise als Ausweg. 30. September 2005; https://www.bpb.de/themen/deutsche-teilung/kontraste/42440/nicht-mehr-mitmachen-ausreise-als-ausweg/
Tagesspiegel, Maris Hubschmid: Ständige Ausreise aus der DDR: Eine Scheinehe, die in die Freiheit führte. 03. August 2019; https://www.tagesspiegel.de/berlin/eine-scheinehe-die-in-die-freiheit-fuhrte-4655266.html
BMJ: Informationen zum Eherecht. Die Ehe - was ich dazu wissen muss. 28. Februar 2023; https://www.bmj.de/DE/themen/gesellschaft_familie/ehe_nichteheliche_gemeinschaft/eherecht/eherecht.htm
Betty de Hart: Der herzensgute Kerl und die unbesonnene Frau. In: fabienne - binationale familien und lebensgemeinschaften in europa: Abschlussbericht. Frankfurt a.M. 2001; https://www.verein-fibel.at/images/pdf/AbschlussberichtD_a.pdf
Standesamt.Com: Wissen, wen ich vor mir habe! Wenn das Standesamt wegen Scheinehe ermittelt. 06. Januar 2020; https://m.standesamt.com/Magazin/Wissen-Wen-Ich-Vor-Mir-Habe-Wenn-Das-Standesamt-Wegen-Scheinehe-Ermittelt/297
Erlass Nr. 1/2005 im Personenstandswesen. Ausländerrechtliche Information Nr. 80/2005. Maßnahmen zur Verhinderung von Scheinehen. https://bravors.brandenburg.de/verwaltungsvorschriften/erl_nr_1_05/
Schuno Heiratsagentur: Als Deutscher Thai Frauen Heiraten; https://thaifrauheiraten.de/. Und: Thailebenspartner; https://www.thailebenspartner.de/
Taz, Franziska Drohsel: Rohe Diskriminierung. 09. Februar 2024; https://taz.de/Reform-des-Einbuergerungsrechts/!5987447/.
Europäische Kommission: EU legal framework against facilitation of unauthorised entry, transit and residence: the Facilitators Package (Directive 2002/90/EC and Framework Decision 2002/946/JHA). Brüssel, 2017; https://www.europarl.europa.eu/RegData/docs_autres_institutions/commission_europeenne/swd/2017/0117/COM_SWD(2017)0117_EN.pdf
AG Tempelhof-Kreuzberg, Beschluss vom 16.03.2018 - 180 F 2437/17; https://www.familienrechtsiegen.de/eheaufhebung-wegen-arglistiger-taeuschung/
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 24.08.2023 â20 W 107/22.https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE230005295
Amtsgericht Frankenthal, Beschluss vom 27.12.2022, 71 F 11/22; https://onlineservice.addison.de/3210050320/aktuell.html?actual_id=14796
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Betty de Hart: The Europeanization of Love. The Marriage of Convenience in European Migration Law. In: European Journal of Migration and Law, 19(3), S. 281-306.https://doi.org/10.1163/15718166-12340010.